Morast und Schlamm

Es gibt wohl kaum eine Reisefahrzeugbesatzung die sich über die vor ihr liegende, schwarzbraun-glänzende, bodenlose, mit zahlreichen Pfützen durchsetzte Dreckpiste freuen würde. Aber auch der scheinbar trockene Boden, der sich beim drüber Fahren bloss als dünne, trockene Kruste mit darunterliegendem Schlamm entpuppt, wird kaum jemanden zum Jubeln bringen. 

Aber leider kann man Morast und Schlamm oft nicht ausweichen. Sei es, weil ein alternativer Weg unsinnig länger, oder das Wunschziel anders nicht zu erreichen ist. Oder man steht auf einem wunderschönen Platz, nachts zieht ein Gewitter auf und am nächsten Morgen ist aus dem trockenen, staubigen Weg eine glitschige Schlammpiste geworden!  

Grundsätzliches

Ein fahren im schweren Gelände oder auf sehr schlechten Wegen mit einem schwereren Fahrzeug und hier vor allem mit leichtem Gelände-LKW unterscheidet sich in einigen Punkten stark vom fahren mit dem Gelände-PKW (Geländewagen). Motorcharakteristik, Getriebeübersetzung, Getriebespreizung, Untersetzungsverhältnis, Fahrwerk, Gewicht und Gewichtsverteilung, Abmessungen, Bremsen usw. sind dem eines LKW näher als dem Gelände-PKW. Sie erfordern oft ein anderes Vorgehen wie bei Geländewagen.

Leider gibt es keine speziell auf Gelände-LKW ausgerichtete Fahrkurse und schon gar nicht auf unsere Leicht-LKW. Fast alle beziehen sich auf Geländewagen und die meisten Instruktoren wissen nicht so recht etwas mit den "Dicken" anzufangen. Geländefahrkurse mit LKW's werden fast immer als geschlossene Veranstaltung organisiert (z.B. Feuerwehr, THW, Baufirmen) und sind für uns reisende kaum zugänglich. Trotzdem sind Fahrkurse mit normalen Geländewagen nicht grundsätzlich sinnlos, geben sie dem Anfänger doch ein Einblick, was mit 4x4 alles möglich ist. Die Unterschiede zum Fahren mit dem eigenen Reisefahrzeug muss man sich aber selbst erarbeiten! Erfahren im wörtlichen Sinne.

Es gibt beim Bewältigen von schwierigen Geländepassagen keine "nur diese eine Lösung" ! Aber ein paar erprobte Tipps möchten wir hier wiedergeben:

Wie vorgehen? 

Zuerst sollten wir die vor uns liegende Strecke danach Abschätzen, von wem sie meist befahren wird: 

Sind es Geländewagenspuren? Dann sollten wir diese Passage eigentlich ohne grosse Probleme bewältigen können. Unsere Fahrzeuge haben, moderates Gewicht und ordentliche Reifen vorausgesetzt, eine Schlechtwegtauglichkeit, die deutlich über der normaler Geländewagen liegt. 

Keine Spuren, wir sind die Ersten seit dem grossen Regen? Wenn wir z.B. tags zuvor über diesen Weg gefahren sind, wir also nicht tagelange im Regen an unserem Camp ausharren mussten, sollte der Untergrund noch nicht so aufgeweicht sein, das wir achstief darin versinken. Fahrwege werden über die Zeit ihrer Nutzung immer stärker verdichtet. Zwar sammelt sich in der Spur Wasser, aber es durchweicht nur die oberste Schicht. 

Kniffliger wird es bei LKW-Spuren, haben LKW's doch meist erheblich grössere Räder und hinterlassen Spuren, auf denen wir auch gut mit den Achsen aufsitzen können. Allerdings sind normale LKW wegen ihrem Gewicht auch deutlich weniger geländegängig als unsere Fahrzeuge. Also doch noch gute Chancen! 

Ganz anders bei Traktor-Spuren. Es gibt kaum geländegängigere Radfahrzeuge als Traktoren. Ihre Räder sind im Vergleich mit unseren riesig, die Bodenfreiheit gigantisch und von ihrer Ausstattung mit Sperren und vor allem Einzelradbremsen können wir nur träumen. Tipp: Versuche es nur wenn es nicht anders geht, sonst lasse es besser sein!

Denk bitte daran, dass jede Weide, Wiese, Feld, Acker von jemanden bewirtschaftet wird, auch wenn der Bewuchs noch so spärlich und karg ausschaut. Ziegen, Schafe, Lamas, Kamele, Pferde vieleicht gar Rinder sollten darauf weiden. Die Menschen und Tiere in solchen Regionen haben es schon schwer genug, zerstöre nicht ihre Lebensgrundlage. Nutze wenn immer möglich vorhandene Fahrspuren!

 

Denk auch beim Durchwühlen von morastigen Wegen daran, dass hier, wenn der Weg wieder trocken ist, Einheimische entlang fahren sollten. Selten hat der Hirte, der nach seinen Tieren schauen sollte ein so hoch geländegängiges Fahrzeug wie du. Wenn die Gräben die du ziehst zu tief werden, dreh bitte um!

Schlammweg

Schlammwege trifft man fast überall. Der nasse Wald- oder Feldweg, der Bergweg bis hin zu Holzerpisten. Sie alle haben, neben der Nässe, etwas gemeinsames. Sie sind mehr oder weniger verdichtet, also nicht Bodenlos. Sie zu befahren ist meist nicht schwierig, es erinnert etwas an ein Fahren im Schnee. Solche Wege sollten langsam befahren werden. Unsere Fahrzeuge haben genügend Traktion um vorwärts zu kommen, ein Steckenbleiben ist fast nicht möglich.

Sind wir zu schnell und es drängt uns in eine falsche Richtung müssen wir sofort anhalten und e.v. zurücksetzen können. Also LANGSAM FAHREN! Dabei "mit dem Hintern Fahren", also die Bewegungen des Fahrzeugs spüren und durch sanftes Gegensteuern in die richtige Richtung lenken. 

Tipp: Verdichteter Boden lässt Wasser nur schlecht versickern, es entstehen Pfützen. Wenn es die Tiefe der Fahrspur zulässt, fährt man in der Spur, auch wenn sie noch so nass scheint, erheblich besser als daneben. Denn dort wo das Wasser versickern kann, ist der Boden weich und tiefgründig!

Pfützen und Schlammlöcher

Eine kleine Vertiefung auf dem Fahrweg, darin sammelt sich Wasser und wird bei jedem der durch fährt mit Erdreich verwühlt und mitgerissen. Über kurz oder lang entsteht eine Pfütze und daraus ein Schlammloch. Schlammlöcher haben selten steile Ufer, weil es sonst mit Durchdrehenden Rädern "eingeebnet" und das Loch länger werden würde. Also, ist das Schlammloch nicht mehr als doppelt so lang wie unser Fahrzeug, kann es nicht so tief sein, dass wir Probleme kriegen. Ist es jedoch deutlich länger, solltest du es dir genauer ansehen und ev. mit einem Stock die Tiefe ausloten. Wichtig auch, siehe oben, wer fährt da durch?

Schlammlöcher müssen in gemässigtem Tempo durchfahren werden. Dabei einen tiefen Gang einlegen, damit wir sofort genügend Motorleistung abrufen können, sollten wir durch Morast am Grund des Schlammloch eingebremst werden.

Tipp: Natürlich schaut es spektakulär aus und es gibt tolle Fotos, wenn wir mit hohem Tempo in die Pfütze fahren. Aber dies befördert auch eine grosse Menge Schlamm und Sand in den Motorraum und das kann dort allerhand Unheil stiften!

Werden die Schlammlöcher grösser, zu Schlammseen, sind andere Dinge zu beachten. Mehr dazu HIER 

Das Schwemmsandfeld

Schwemmsandfelder entstehen nur in Senken. Regenwasser löst Sand und Erde und schwemmt sie an den tiefsten Punkt, wo das Wasser versickert und den Sand und die Erde zurück lässt. Zu erkennen sind sie leicht, ein verräterisch- ebenes Stück Weg ohne Fahrspuren. Wenn sie langsam austrocknen bilden sich grosse Schuppen auf ihrer Oberfläche. Sie zu durchfahren kann ausgesprochen knifflig sein. Auch wenn die Umgebung trocken scheint, kann das Schwemmsandfeld schon wenige Zentimeter unter seiner Oberfläche mit zähem, tiefem und nassen Morast gefüllt sein.

Bei Schwemmsandfeldern gibt es nur eine Möglichkeit sie ohne Hilfsmittel zu durchfahren. Das Fahrzeug zum Ziel ausrichten und mit hoher Drehzahl und genügend Schwung geradlinig hindurch fahren. Dabei aber die gegenüberliegende Seite nicht aus den Augen verlieren, es nützt nichts, wenn wir am Ende des Schwemmsandfeldes stehen und nicht raus fahren können! Es ist sehr schwierig ein tiefes Schwemmsandfeld in einer Kurve durchfahren zu wollen.

Sollte es nicht klappen, NICHT WÜHLEN !! Versuche sofort in deiner Spur zurück zu setzen. Wenn es nicht gelingt, Sandbleche nutzen. Entweder unter den Rädern in der Fahrspur (sofern möglich) oder unter dem Unterfahrschutz, oder quer zur Fahrrichtung unter irgendwas um ein weiteres absaufen zu verhindern! Ein stehendes Fahrzeug kann leicht noch tiefer einsinken und eine nachfolgende Bergung wird so erheblich aufwändiger. Sind mehrere Fahrzeuge zusammen, zügig eine Bergung mit Bergegurten oder Seilwinde einleiten. 

Typisches Beispiel ist das Szenario auf den Bildern oben. Obwohl der Fahrer die Räder nicht durchdrehen liess, das Bergefahrzeug gleich zur Stelle- und die Bergegurte sofort befestigt war, sank der festgefahrene SCAM bis zu den Achsschenkeln ein!

Der ausgetrocknete See

Seen die regelmässig austrocknen, z.B. jahreszeitlich bedingt! So eine topfebene, weite Fläche verleitet zum Befahren! Äusserste Vorsicht! Der Seegrund trocknet "von oben nach unten"! Der vermeindlich ausgetrocknete See kann schon wenige Zentimeter unter der steinharten und staubtrockenen Oberfläche nass sein. Mit unter Umständen äusserst unangenehmen Folgen! (Bild rechts von AlpenTrex )

Musst du eine solche "Falle" durchfahren, dann Fahre sehr vorsichtig und langsam. Den Kopf aus dem Fenster halten um auf das Vorderrad schauen zu können ist angebracht! Sinken die Räder ein, also bremst es das Fahrzeug ab, keinesfalls durch Gasgeben versuchen weiter zu kommen. Stattdessen sofort rückwärts versuchen auf festen Boden zurück zu gelangen. Solltest du auf einer deiner Reisen in die selbe Lage geraten, so schnell wie möglich das Fahrzeug am weiter einsinken hindern.

Wir wünschen dir viel Glück und ein kräftiges Bergefahrzeug in der Nähe!

Die grosse Schwemmtonebene

Schwemmtonebenen werden gern als Untergrund für Pisten genutzt. Bei Trockenheit "plagen" sie einem mit feinem Staub. Oft sind solche Ebenen schon von weitem, an der milchig-grauen Luft darüber zu erkennen. Sie sind topfeben und verleiten zum Fahren mit hoher Geschwindigkeit. Nach heftigen Regenfällen steht dort das Wasser ein paar Zentimeter tief, sie werden zum See. 

Sollte man das Pech haben und sie bei Regen (z.B. Wüstengewitter) durqueren müssen, ist in den ersten Stunden die Gefahr des massiven Einsinkens gering. (bloss ein paar Zentimeter). Aber man hat man mit der durch den Regen aufgeweichten, obersten Staubschicht zu kämpfen, welche sich in eine klebrig-schmierige Masse verwandelt, mit der Konsistenz und dem Verhalten von Schmierseife. Mit glatten "Sandreifen" wird die Fahrt zu einer Schlingertour, mit guten AT oder MT-Reifen wird es zwar auch unangenehm, aber machbar. Ansonsten hilft "abwarten und Tee trinken". Wüstengewitter sind schnell vorbei, die Sonne trocknet das Geläuf schnell wieder ab.

Sollte man aber in eine länger anhaltende Regenperiode geraten, können Schwemmtonebenen auch gut mal für längere Zeit unpassierbar werden. Je länger das Wasser auf der Schwemmtonebene steht, desto tiefer dringt es ein. Vermeindlich sicherer Boden kann "bodenlos" werden. Dann hilft oft nur noch eine andere Route oder man muss versuchen an Berghängen entlang auf sicheren Boden zu gelangen.

Hängende Wege

Beide Bilder ©Lausitz Offroad

Der Supergau für alle Offroadfahrer sind nasse, hängende Wege, also Wegstücke die eine seitliche Neigung haben. Ist das Geläuf morastig, drängt unser Fahrzeug zwangsläufig Richtung unten. Gegensteuern hilft sowieso nur bei schwacher Neigung und noch halbwegs ordentlicher Traktion. Ist unten kein Walm der uns aufhält, den wir als Stütze nutzen können oder gar etwas wo wir umsverrecken nicht hinein wollen, z.B. Entwässerungsgraben, und können wir nicht auf ein Abtrocknen des Weges warten, wird es ungemütlich.

Oder besser Zeitaufwändig. Denn ohne das wir uns etwas passendes Bauen werden wir diese Passage nicht meistern. Also Schaufel raus und mit Erde, Steinen, Holz, Sandblechen usw. den Weg ebnen. Klar, dass wir unser Bauwerk nur in Schleichfahrt befahren. Fahrzeuge die vorne mit Seilwinde ausgerüstet sind können, sofern etwas Stabiles am passenden Ort steht, sich auch gegen ein seitliches Wegrutschen sichern, bzw. in der Spur halten. Das ist aber nur etwas für Fortgeschrittene!

Einziger Vorteil bei hängenden Wegen, sie sind nie bodenlos, da das Wasser abläuft.

Tipp: Wenn irgendwie möglich, such einen anderen Weg!

Steilanstieg

Steile Auffahrten haben den Vorteil, dass sie nie sehr morastig sind. Ist die Auffahrt ohne grosse Verwerfungen können wir sie mit etwas Schwung und dem passenden Gang meist bezwingen. Sollte dies nicht gelingen, kommen wir zum Stehen, nicht die Räder durchdrehen lassen!  Weiter kommen wir so sowieso nicht, wir graben uns nur die Mulde, die uns im nächsten Anlauf behindert. 

Wichtig, bei Fahrzeugen mit permanentem Allrad muss das Zentraldifferential gesperrt sein! Im Anstieg wird das Fahrzeuggewicht nach hinten verlagert, die Hinterachse trägt die meiste Last und so auch den grössten Teil der Traktion. Ist das Zentraldifferential nicht gesperrt, drehen die entlasteten Vorderräder durch und wir bleiben stehen.

Wenn wir zum Stehen kommen: Das Fahrzeug mit der Radbremse halten, (oder Alternative) den Rückwärtsgang einlegen, zurücksetzen und aufs neue, mit anderem Gang und/oder mehr Anlauf und Schwung den nächsten Versuch starten. Es ist keine Schande, einen Steilanstieg nicht im ersten Anlauf bewältigen zu können! Also mit eher moderater Geschwindigkeit beginnen. Bei verworfenen Steilanstiegen ist dies sowieso zwingend, wir würden sonst bloss unnötig durchgerüttelt und die Räder verlieren die Traktion deutlich früher!

Alternative: Geländefahrschulen, die idr. mit "Anfängern" zu tun haben empfehlen, dass man in dem Moment, wo es gegen oben nicht mehr weiter geht, die Bremse tritt und den Motor abwürgt. Jetzt steht der Motor, und das Fahrzeug ist mit Fussbremse und Motorbremse (und hoffentlich Geländeuntersetzung) doppelt gesichert. Nun zieht man auch noch die Feststellbremse.

Jetzt hat man Zeit, die Situation zu analysieren und einen Plan B — sollte das Fahrzeug dabei in Rutschen kommen — zu fassen. Vielleicht ist die sichere Lösung jetzt nicht, mit dem Motor zurückzusetzen (z.B. weil es einfach zu rutschig ist und man es unterlassen hat, den Anstieg vorher zu erkunden), sondern das Fahrzeug an einer Winde "abzuseilen"!

Hat man sich fürs Zurücksetzen entschieden, wird:

Im Rückwärtsgang mit Geländeuntersetzung fährt das Fahrzeug langsam und ist gut kontrollierbar. Mit zunehmender Praxis lernt man einzuschätzen, wo es sicher genug ist, die Kupplung und die Bremse zu treten und im Rückwärtsgang anzufahren, und wo die Anlasser-Methode die sicherere Wahl ist.

Steilabfahrt

Sind steile Auffahrten relativ harmlos, es kann nicht viel mehr passieren als das wir stehen bleiben, sind Steilabfahrten auf morastigem Geläuf schon eher knifflig. Verlieren die Räder die Traktion, gerät das Fahrzeug ins Rutschen, wird es gefährlich. Das Fahrzeug kann sich quer stellen, was zum Überschlag führen kann oder wir werden zu schnell um einem nachfolgenden Hindernis ausweichen zu können.

Es ist angebracht, sich die Situation zu Fuss erst genauer anzusehen. Wie rutschig ist das Geläuf? Ist am Schluss der Abfahrt genügend Auslauf, oder müssen wir schnell anhalten können? Wie müssen wir in die Abfahrt einfahren, um GERADLINIG herunter fahren zu können!

Vorgehen: Das Fahrzeug gerade zur Abfahrt aufstellen, wenn nötig durch Zurücksetzen ausrichten. Mit tiefem Gang, Untersetzung und gesperrtem Zentraldifferential in die Abfahrt einfahren. Sollten die Räder die Traktion komplett verlieren, (also nicht das kurzzeitige rutschen und sich wieder Fangen) wir also über eine grössere Strecke ins Rutschen geraten, die Kupplung durchtreten und das Fahrzeug GERADLINIG nach unten rollen lassen! Dabei mit der Fussbremse gefühlvoll zu bremsen versuchen. Die Lenkung gerade halten und hoffen das es gut geht...

Geländefahrschulen lehren, in solchen Situationen durch "Gas geben" die Kontrolle über das Fahrzeug wieder zu gewinnen. Beim Gelände-LKW ist dies aber nicht möglich, die Untersetzung ist dafür viel zu kurz. In so einer Situation Hoch-Schalten können nur sehr erfahrene Gelände-Fahrer!

Nicht versuchen, das Fahrzeug durch ein Einlenken in Büsche, weiche Seitenränder oder Grabenränder zu stoppen. Wir würden zuerst mit dem Vorderrad dort eingebremst werden, was das Heck des Fahrzeugs dazu animiert, in die entgegengesetzte Richtung nach vorne weg zu rutschen = Querstellen, Überschlag!

Wichtig, bei Fahrzeugen mit permanentem Allradantrieb muss das Zentraldifferential gesperrt sein! In der Abfahrt wird das Fahrzeuggewicht nach vorne verlagert, die Hinterachse trägt kaum mehr Last. Ist das Zentraldifferential nicht gesperrt liegt die  Motorbremsleistung auf der Hinterachse und wir werden über die nur wenig gebremsten Vorderräder schneller!

Zubremsen bei einer Steilabfahrt:

In Geländefahrschulen wird geraten, bei einer Steilabfahrt mit der Fussbremse die Motorbremse zu unterstützen. Dies ist nicht grundsätzlich falsch, haben doch PKW-Geländewagen selten eine derart kurze Untersetzung wie Gelände-LKW. Beim Fahren mit Gelände-LKW ist dies allerdings nur selten nötig. Selbst in der steilsten Passage wird die tiefe Untersetzung dafür sorgen, dass die Motordrehzahl nicht hoch geht!

Begründung: Der hervorragend untersetzte Landrover Defender TD5 hat eine maximale Gesamtuntersetzung von 43,4:1 der neue (Puma TD4) eine aussergewöhnlich tiefe von 62,9:1 sie wird in diesem Bericht der Zeitschrift 4wheelfun als "kürzer als so ziemlich alles, was sich sonst noch im Geländewagensektor finden lässt" bezeichnet! 

Und ein Gelände-LKW ?  Ein Bremach T-Rex, z.B. hat eine maximale Gesamtuntersetzung von 76,2:1 (kurzes VG ohne Split mit "langen" Differentialen ) Daraus ergibt sich bei einer Motordrehzahl von 1000 U/Min eine "Geschwindigkeit" von ca. 2 Km/h und bei einer Motordrehzahl von 4000 U/Min von ca. 8 Km/h. Also auch bei Vollgas bewegt sich so ein Fahrzeug bloss mit forscher Schrittgeschwindigkeit.

Der Grund für die sehr kurze Gesamtuntersetzung bei Gelände-LKW ist, dass diese Fahrzeuge als Geräteträger konzipiert wurden. Es gibt viele Anwendungen, wo eine sehr tiefe Geschwindigkeit, bei hohem Drehmoment gefordert ist. Für uns Reisende ist eine derart kurze Untersetzung zwar nur selten nötig, aber trotzdem kein Nachteil!  Siehe Pistenfahren-Gebirgspisten

Kommentare von Allrad Christ auf die Frage "Zubremsen ja oder nein": Geländewagen ohne, oder mit langer Geländeuntersetzung, werden bergab sehr schnell, wenn sie nicht "niedergebremst" werden. Anders Gelände-Lkw mit ihren extrem kurzen Übersetzungen.

"Bremsen, never ever" folgt der generellen Doktrin im Gelände-Lkw Fahren. Trotzdem wirds immer wieder Situationen geben, wo es Sinn macht und notwendig ist kurz oder länger mitzubremsen. (Z.B. bei verworfenen Steilabfahrten und Fahrzeugen ohne Achssperre) Aber die Bremserei kann ausgesprochen heikel werden. Wird bei einer Steilabfahrt die Hinterachse stark entlastet, kann sie überbremsen = Blockieren der Hinterräder wegen mangelnder Traktion = Risiko querstellen und rollieren.

Die verworfene Steilabfahrt

Steilabfahrt in- und über mehrere unterschiedlich tiefe Erosionsrinnen

Damit kommen wir zu der verworfenen Steilabfahrt, also die unebene, steile Abfahrt. Dies gehört zu den kniffligsten und auch unangenehmsten Momenten in schwerem Gelände! Oft lässt es sich nicht verhindern, dass einzelne Räder kurzzeitig die Traktion verlieren, wir also Ruckartig schneller werden! In dieser Situation kann ein Zubremsen erforderlich sein, um die Räder mit kaum Traktion am Durchdrehen, das Rad mit Traktion am "über das Differential rollen" zu hindern. Gerade solche Szenarien, lassen sich nur sehr eingeschränkt "theoretisieren", sie müssen erfahren werden!

Ein typisches Beispiel ist auf diesem  Bild zu sehen. Das linke Vorderrad ist vollständig eingefedert, das linke Hinterrad hängt in der Luft. Auf der gegenüberliegenden Seite ist das rechte Hinterrad, auf einer Erosionsrippe stehend, ein wenig eingefedert, kann wegen der Entlastung durch die Steilheit jedoch kaum mehr Traktion aufbauen. Das rechte Vorderrad ist teilweise entlastet, es hängt in einer Erosionsrinne. Die Bremswirkung der Motorbremse liegt hauptsächlich auf dem linken Vorderrad!