Dünenfahren
Wie wir weiter unten sehen werden, sind Dünen nicht gleich Dünen, doch die Fahrtechnik bleibt sich grundsätzlich gleich. Sanddünenfahren ist eine Anwendung aller oben genannten Grundsätze und gilt als eine der Königsdisziplinen des Geländefahrens, geht es doch darum, auf Sicht und aus der Fahrt heraus eine Spur zu legen, wo keine Spur vorgegeben ist. Dabei sind Steigungen von 30° oder auf- und abzufahren und jederzeit die Traktion auf dem Sand zu beurteilen. Dass das selbst dem Profi nicht immer auf Anhieb gelingt, macht die Sache umso spannender, und gelegentliches Zurücksetzen, Einsanden und Bergen gehört ganz einfach dazu. Wildwux findet zwar, Sanddünen seien nur ein Hindernis zwischen A und B, aber der fahrtechnische Aspekt ist neben dem Spassfaktor ja meist Mittel zu Zweck, die Wüste mit ihren grandiosen Landschaften. Pflanzen und Tiere und ihrer unendlichen Stille zu erleben ;-)
Libysche Sicheldünen
Zur Einstimmung — aber nicht zur Nachahmung mit einem Reisemobil — empfohlen sei dieses Video, das zeigt, was möglich ist.
Dünenformen
Form, Ausrichtung, Steilheit, Höhe und Abstand der Dünen in einem bestimmten Gebiet sind vor allem von Art und Eigenschaften des Sands, von Windrichtung, -stärke und deren Variabilität abhängig. Es sind also der Sand selbst und das Klima, das die Dünen prägen. Wie unterschiedlich die Qualität von Sand ausfallen kann, zeigt das folgende Bild (gleicher Schuh, gleicher Druck).
Wir verzichten hier auf eine Klassifizierung von verschiedenen Arten von Sand und von Dünenformen. Wichtig ist aber, dass es in Dünengebieten meistens eine übers Jahr vorherrschende Windrichtung gibt, welche die Dünenlandschaft im makroskopischen Sinn bestimmt. Die Dünen bilden dann Dünenkämme, die senkrecht zur Windrichtung stehen.
Obenstehendes Bild ist aus Google Earth und zeigt den libyschen Erg Ubari aus etwa 20 km Höhe. Die Dünenkämme sind gegen 100 m hoch. Die vorherrschende Windrichtung ist (von) SE – das erkennt man daran, dass die windabgewandte Seite stets steiler ist und damit von oben als weniger breit erscheint als die windgewandte Seite. Dasselbe Bild zeigt sich sehr deutlich für die australische Simpson Desert, wo man gleich 1300 parallele Kämme beobachten kann, die allerdings nur bis 30 m hoch sind. Wer es dort steil mag, fährt von Ost nach West.
Wie steil eine Düne ist, kommt auf die Qualität ihrer Sandkörner und auf die Windgeschwindigkeiten an. Dünenhänge werden bis über 30° steil, aus der Horizontalen gemessen.
Traktion
Steil bedeutet im fahrtechnischen Sinn schwierig, weil im Sand die Traktion der Reifen limitiert ist. Für den Laien ist sie aber meist überraschend gut.
Auch in mehreren Anläufen nicht geschafft …
Die Traktion ist die Kraft Fv, die die Reifen parallel zur Sandoberfläche übertragen können. Sie hängt von mehreren Faktoren ab:
Sandqualität
Reifenaufstandsfläche und Druck auf diese Fläche
Reifenradius
Reifenprofil
Im Folgenden wollen wir die einzelnen Punkte etwas genauer beleuchten und Handlungskonsequenzen daraus ableiten.
Sandqualität
Die Sandqualität ist immer für einen bestimmten Zeitpunkt zu betrachten, denn abgesehen von der chemischen Zusammensetzung der Sandkörner, ihrer Korngrössen und deren mengenmässiger Verteilung im zu befahrenden Wegstück, hängt die Traktion entscheiden vom Feuchtigkeitsgrad und der Temperatur des Sandes ab.
Nachts kondensiert in der Regel ein grosser Teil der Luftfeuchtigkeit des Tages an der Sandoberfläche. Das bindet die allerfeinsten Sandpartikel zusammen und erhöht so die Reibung der Sandmischung. Die Sonneneinstrahlung im Laufe des Tages, Lufttemperatur und Wind haben einen grossen Einfluss darauf, wie rasch die im Sand gespeicherte Feuchtigkeit wieder verdunstet.
> Frühmorgens ist die Traktion also meist besser oder sogar viel besser als mittags oder nachmittags.
Nach Regen oder Gewittern versickert das Wasser im Sand relativ schnell, hinterlässt aber ein hohen Feuchteanteil, der den Sand klumpig macht. Danach ist die Traktion über Tage höher als vor dem Regen.
Die Sahara nach einem Regenguss (klicken für Vergrösserung)
Reifenaufstandsfläche und Druck auf diese Fläche
Bewegt sich ein angetriebenes Rad auf einer ebenen Fläche, ist die Reifenaufstandsfläche so breit wie der Reifen und nur ein paar Zentimeter lang. Die höchste mögliche Vortriebskraft Fv ist physikalisch gesehen das Produkt aus Gewichtskraft Fg und Reibungskoeffizient μ:
Fv = Fg ∙ μ
Diese Formel gilt aber nur, wenn die Auflagekraft und der Reibungskoeffizient über die ganze Kontaktfläche gleich sind. In einem vereinfachten aber etwas realistischeren Modell (links im Bild) ist der Druck, d.h. die Kraft, die auf die Kontaktfläche wirkt, in der Mitte der Fläche am grössten und nimmt nach hinten und vorne ab. Das ist unten rot dargestellt, wobei rot hoher Druck bedeutet, weiss niederer Druck. Der Reibunskoeffizient wird aber überall gleich gross sein.
In diese Fall ist die Berechnung der maximalen Vortriebskraft etwas komplexer: man zerlegt die Kontaktfläche in kleine Felder von z.B. 1 cm2 und bestimmt für jedes Feld die wirkende Kraft. Dann bildet man für jede Fläche das Produkt aus wirkender Kraft und Reibungskoeffizient (= grüne, kleine Pfeile) und summiert die Ergebnisse über alle Felder auf (ohne Formel; das Resultat ist, als ob man im folgenden Diagramm alle Pfeile aneinanderreihen würde). Voilà.
Will man eine grosse Kraft vom Rad auf den Untergrund übertragen, wirkt bei einer kleinen Kontaktfläche für jedes Teilfeld eine ziemlich hohe Kraft. Ist diese zu gross, "zerreisst" der Sand und das Resultat ist statt Vortrieb ein kleiner Schaufelradbagger, der sich gegen die Erdmitte bewegt.
Ist der Reifen weich und passt sich dem Untergrund an, verlängert sich die Aufstandsfläche um ein Vielfaches (oberes Bild, rechts). Um die gleich grosse Vortriebskraft zu übertragen, muss jedes Teilfeld nur noch einen Bruchteil zum Gesamtvortrieb beitragen, wodurch der Untergrund nicht "zerreisst". Zudem sinkt ein weicher Reifen weniger tief in den Sand ein als ein harter Reifen (blau gestrichelter Kreis im oberen Bild), wodurch an der vorderen Kante der Kontaktfläche ein weniger hoher Sandhaufen aufgebaut wird. Dadurch "fährt" der Reifen mit wenig Druck permanent gegen einen "weniger steilen" Haufen als der Reifen mit viel Druck, was weniger Widerstand erzeugt und somit nach weniger Vortriebskraft verlangt.
> Der Reifendruck wird im Sand initial auf 1.2 bar abgelassen.
> Stellt man später fest, dass dies nicht ausreicht, geht man runter auf 1.0 bar oder sogar 0.8 bar.
(0.8 bar ist für die meisten Geländereifen o.k.)
Die bisher angestellten Betrachtungen bezogen sich auf ein einzelnes Rad. Insgesamt muss, wenn viel Vortriebskraft gefordert wird, jedes Rad einen möglichst grossen Beitrag leisten. Oben haben wir gelernt, dass die übertragbare Vortriebskraft direkt proportional zum Druck auf die Oberfläche ist. Wird ein Rad weniger belastet als die anderen, durch Schaukeln des Fahrzeugs oder weil es gerade in weicheren Sand oder in eine Mulde eingetaucht ist, dann kann dieses Rad weniger Vortiebskraft erzeugen, ohne dass der Sand sonst "reisst". Dasjenige Rad, das vom Antrieb zuerst mehr Kraft erhält, als es auf den Sand übertragen kann, wird durchdrehen. Ohne geschaltete Differenzialsperren kommt die Fuhre jetzt zum Stehen … und in der Regel geht es im Anschluss nach vorne nicht mehr weiter.
> Auf Sand wird generell die Zentralsperre eingeschaltet, unabhängig davon ob man in Geländeuntersetzung fährt oder nicht.
Beim Bremach T-Rex der Modelljahre 2009 und 2010 schaltet sich die hydraulisch geschaltete Zentralsperre ab 20 km/h automatisch aus. Um dies zu verhindern, ist der "RACE"-Schalter umzulegen.
Dem gegenüber ist beim Bremach T-Rex der Modelljahre nach 2010 die Zentralsperre mechanisch betrieben (Seilzug)
Wichtig: Bei Fahrzeugen die mit elektronischer Traktionskontrolle (ETC) ausgestattet sind, ist diese unbedingt auszuschalten oder zu deaktivieren (Sicherung ziehen) ! Die ETC arbeitet mit Bremseingriff, das heisst ein sich schneller drehendes Rad wird duch die Radbremse eingebremst. Da auf Sand, Schotter oder Kies aber immer mal ein Rad etwas "durchdreht" können die Bremsbeläge in kurzer Zeit wegradiert und die Bremsen überhitzt werden. Zudem können die Bremseingriffe in kniffligen Situationen dazu führen, dass man es eben grad nicht mehr über den Dünenkamm oder durch das Weichsandfeld schafft.
Gleichzeitig wird damit auch ABS ausgeschaltet.(ETC ist nichts weiter als "umgedrehtes ABS" und wird vom selben Modul bzw. Steuergerät aktiviert) ABS kann beim Bremsen auf Weichsand, losem Schotter oder Kies den Bremsweg erheblich verlängern.
Tipp: Bei stillgelegtem ABS/ETC wird eine Fehlermeldung im Fahrzeugsteuergerät gespeichert. Bei Wartungsarbeiten durch "nicht Fernreisefahrzeuge gewohnte Betriebe", ist unbedingt darauf hin zu weisen! Man erspart sich so eine lange und teure Suche nach dem Grund für den "Totalausfall" !
Reifenradius
Reifen mit grösserem Radius führen zu einer weiteren Verlängerung der Aufstandsfläche und damit zu einer Abnahme der zu erzeugenden Vortriebskraft pro Flächeneinheit. Der Sandhaufen vor dem Reifen wird noch weniger "steil", was den Widerstand weiter senkt.
Zudem erhöhen grössere Räder die Bauchfreiheit des Fahrzeugs, was einem auf den Dünenkämmen zugute kommt.
Da hilft nur Schaufel oder Bergegurte
Reifenprofil
Das Reifenprofil ist im Sand insgesamt zweitrangig. Es gibt sehr erfahrene Dünenfahrer, die in der Sahara aus Überzeugung mit AT-Reifen (all terrain) unterwegs sind, während andere dieselben Passagen ohne Probleme mit MT-Reifen (mud terrain) meistern. Wichtiger als das Profil ist die Fähigkeit des Reifens, mit tiefen Luftdruck dicht auf der Felge sitzen zu bleiben.
Vorbereitung
Wenn wir das Aussuchen einer Route durch ein Dünengebiet einmal weglassen, dann bleiben zwei wichtige vorbereitende Massnahmen: Bereitstellen der Bergeausrüstung; Gepäck und Gegenstände.
Bergeausrüstung
In jedem Fahrzeug sollte in den Dünen Folgendes griffbereit sein:
Sandschaufel — hier reichen z.B. die günstigen aber ziemlich robusten Aluschaufeln von Fiskars
Bergegurte mit 2 Schäkeln
Sandbleche
Die Sandbleche kommen selten zum Einsatz, es können aber Bedingungen herrschen (z.B. wenn der Sand heiss und trocken ist), wo ohne Sandbleche nicht mehr viel geht. Und dann kann man nicht genug davon haben. Siehe auch Bergen, unten.
Gepäck und Gegenstände
> Was nicht unbedingt mit muss, soll zuhause bleiben — Generell gilt im Sand: je leichter das Fahrzeug desto besser.
Wie bereits erwähnt, sind Steilauf- und Abfahrten mit über 30° Neigung an der Tagesordnung. Ebenso seitliche Schräglagen über 20°. Da beginnen sich Gegenstände zu verschieben, die sonst genügend gut gesichert sind. Das gilt vor allem für schwere Sachen wie Wasserkanister, Werkzeug und dergleichen. Besondere Aufmerksamkeit sollte man Gegenständen auf dem Boden der Führerkabine schenken, die bei steilen Abfahrten unter die Pedale rutschen könnten.
Wegen den seitlichen Schräglagen sollten schwere Gegenstände (z.B. Kanister) so tief wie möglich am Fahrzeug befestigt werden.
Fahrtechnik
Zur Fahrtechnik gelten zuerst einmal die allgemeinen Fahrtechnikgrundsätze. Aber für das Fahren im Sand gibt es weitere allgemeine Weisheiten, die man beachten sollte.
> Räder immer so gerade stellen wie möglich — der Vortrieb der Vorderräder nimmt ab einem Lenkeinschlag von 15° massiv ab. Zu stark eingeschlagene Vorderräder "graben" nur noch und werden vom Schub der Hinterrädern geradeaus weitergeschoben. Speziell wenn in Fahrrinnen (z.B. von vorausfahrenden Fahrzeugen) gefahren wird, ist aktives Steuern kaum nötig, und das Steuerrad kann fast sich selbst überlassen werden, wie dieses instruktive Video zeigt.
> Fahrzeuge der Bremach-Kategorie fahren die meisten "richtigen" Dünen in der Geländeuntersetzung.
> Auf keinen Fall mit schleifender Kupplung fahren, um den Vortrieb zu dosieren — speziell asbestfreie Kupplungen überhitzen recht schnell und greifen dann nicht mehr. Stattdessen Geländeuntersetzung benutzen.
Dann gibt es eine ganze Reihe von situationsbedingten Kniffen, die man anwenden — oder probieren — kann, denn oft ist die Situation nicht mit letzter Sicherheit einzuschätzen. Welche Situationen man dabei zu meistern hat, hängt vor allem auch von der Linienwahl ab.
Linienwahl
Die Linienwahl, d.h. das detaillierte Festlegen der Spur um oder über die einzelnen Dünen ist eine Meisterschaft für sich. Zu unterscheiden ist die Linienwahl im Groben und die Linienwahl im Feinen.
Grundsätzlich wird man auf der Karte einen Korridor festlegen, in dem man sich auf ein bestimmtes Ziel zu bewegen möchte. Hat man klare Dünenkämme bewegt man sich im Groben mehr oder weniger im rechten Winkel über die Kämme, während man sich in den Tälern und Mulden auch seitwärts bewegen kann. Das gilt sowohl für lineare Kämme, wie im Satellitenbild oben gezeigt, wie auch für kreisförmige Kämme, die ähnlich wie die Waben einer Biene im Gelände liegen und je eine Mulde von einem bis mehreren Kilometern umschliessen.
Kreisförmige Kämme um "Pfannen" in Tunesien
Liegt die allgemeine Richtung für die nächsten paar hundert Meter fest, fixiert man am besten einen Punkt auf dem Dünenkamm und legt die Route von einer Düne zur nächsten auf diesen Punkt zu. Strenges Abfahren einer Linie mit dem Navigationssystem ist in der Regel nicht möglich — wenn es möglich ist, hat man entweder einen Dünen-Buggy, oder es sind keine richtigen Dünen.
Bereits die Auswahl des Zielpunkts bedingt eine erste Einschätzung der Dünenformen und der Sandqualität betreffend Fahrbarkeit. Je nach Ergebnis wird man den Zielpunkt vielleicht sofort verlegen, oder erst später oder ihn erreichen.
Das detaillierte Navigieren zwischen und über die Dünen ist dann die wirkliche Herausforderung, da man im Fahren ziemlich viele Einschätzungen vornehmen und Entscheidungen treffen muss. Im Zweifelsfall muss man anhalten oder sogar aussteigen und das Gelände zu Fuss inspizieren.
Welche Entscheidungen gilt es zu treffen? Primär geht es darum, einen Weg zu finden, der einen um oder über die nächste Düne bringt,
sodass man sich für die folgenden Dünen in eine optimale Ausgangslage bringt
ohne dass man stecken bleibt oder zurücksetzen muss
ohne dass man zu viel Schräglage kriegt.
Tönt schwierig und ist schwierig. Leider gilt auch hier die Lebensregel: Experience is the worst teacher — it does the test first and gives the lesson afterwards. Zu deutsch: Übung macht den Meister.
(evt. im Player unten rechts YouTube anwählen, um das Video in anderem Format anzuschauen)
In schwierigen Situationen — d.h. dort wo das Auto ziemlich seitliche Schräglage erhält oder wo Räder seitlich abrutschen können — lohnt es sich, auszusteigen und die Route im Detail zu Fuss zu erkunden. Hat man einen Plan gefasst, ist es wichtig, das man von ihm überzeugt ist. Dann setzt man sich ins Auto und fährt den Plan :-) Sollte der Plan wider Erwarten nicht funktioniert haben, dann muss man die neue Situation analysieren — oft beginnt sie mit einer kleinen Bergung — und einen neuen Plan fassen und umsetzen. Und so geht das bis am Abend. Das macht Dünenfahren so spannend.
Seitenneigung
Seitenneigung ist vor allem unangenehm. Gefährlich wird es erst dort, wo es schon seeeehr unangenehm ist.
Aufwärts
Beim Aufwärtsfahren zum Überqueren einer Düne gilt es zwei Situationen zu unterscheiden: der Sand trägt … oder er trägt nicht.
Fahrzeuge der Bremach-Kategorie: 2. oder 3. Untersetzung mit 2000 bis 3000 Touren, auch mal darüber.
Sand trägt gut
Der Sand trägt gut und erlaubt den Rädern in jedem Moment, genügend Vortrieb für die gleichförmige oder beschleunigte Weiterfahrt. Hier gibt es keine Grund, viel Gas zu geben oder schnell zu fahren. Unnötig den Sand aufzuwühlen bedeutet für nachfolgende Fahrzeuge ein Handycap.
Sand trägt nicht
Der Sand trägt nicht (mehr) gut: trotz mehr Gas wird die Fahrt mit jedem Meter langsamer.
Jetzt hat man u.a. folgende Strategien zur Auswahl:
Mehr Gas — ist hier nur selten die Lösung.Manchmal kann man sich mit etwas "wühlen" gerade noch über den Kretenpunkt bringen, meist drehen Räder leer und graben sich langsam ein. Stop!
Anfahrversuche nur, nachdem die Sandhaufen vor den Rädern entfernt wurden.
Falls nicht erfolgreich: Rückwärts zurück.
> In der Falllinie rückwärts fahren — sonst drohen ev. seitliche Schräglagen
Mehr Schwung – Anhalten, rückwärts zurück, mehr Anlauf.
Falls hinten eine Düne im Weg steht, diese rückwärts hochfahren, gegebenenfalls so weit es geht.
Den richtigen Gang einlegen (2. oder 3. ev. 4. Untersetzung), dann kräftig aber dosiert Gas geben.
Wenn möglich leicht spurversetzt fahren (dort, wo der Sand noch nicht aufgewühlt ist).
Die Geschwindigkeit sollte so dosiert sein, dass man es gerade über den Dünenrand schafft. Mehr ist zu viel, weniger zu wenig.
> Auf gar keinen Fall die Dünenkrete überschiessen. Lieber dreimal etwas zu langsam als einmal zu schnell.
Spur reparieren — Anhalten, rückwärts zurück.
Mehrmals mit etwas Schwung aber ohne viel Gas in der aufgewühlten Spur fahren. Rechtzeitig anhalten und wieder zurück, bis eine geglättete Spur entstanden ist (Video).
Funktioniert nicht, wenn der Sand sehr trocken ist.
Neue Spur — Anhalten, rückwärts zurück, eine alternative Spur ev. über andere Dünen legen.
Bergegurte — Anhalten, Fahrzeug sichern.
Mit einer Bergegurte von einem anderen Fahrzeug vorwärts oder rückwärts über den Kamm ziehen.
Sandbleche — Anhalten, Fahrzeug sichern.
Bleche unter die Vorderräder, ev. auch unter die Hinterräder legen, mit dosiertem Gas über die Krete fahren.
Funktioniert nur, wenn man entweder bereits nahe an der Krete ist, oder wenn viele Bleche zur Verfügung stehen.
> Mit Schwung in eine Steigung hineinfahren darf man nur, wenn sich im Sand keine Steine, Felsbrocken, Holz, etc. befindet.
Es ist ganz erstaunlich, welche Steigungen sich meistern lassen — zügig anfahren, dann Vollgas (Sound aufdrehen):
Abwärts
Anders als im Schnee gibt es im Sand keine Lawinen, vor denen man sich in acht nehmen muss. Ist man erst einmal auf einem Dünenhügel oder Dünenkamm angekommen, kommt man auch garantiert wieder runter, und sei die Dünenflanke noch so steil und lang.
Voraussetzung ist aber, dass man strikt Fallline (Vermeidung von Schräglagen) und langsam bis sehr langsam fährt. Der Grund, weshalb das wohl etwas Mut braucht aber eigentlich ungefährlich ist, liegt in der Physik: Sandpartikel haben immer eine Mindestreibung unter sich, welche einerseits verhindert, dass Flanken eine gewisse Steilheit überschreiten, und andererseits die Fliessgeschwindigkeit limitieren. Anders bei Schnee, wo sich Schneeschichten bilden, die mit wenig Reibung aufeinander gleiten und deshalb plötzlich abrutschen können (Schneebrett).
Bei Steilabfahrten im Sand gilt:
Im Flachen oder nur moderate steilen Abhang: zweiten oder sogar ersten Gang der Geländeuntersetzung einlegen
Ganz langsam und immer möglichst in Falllinie in den Hang einfahren
Sieht man den eigentlichen Hang zu Beginn noch gar nicht, dann durch die Seitenscheiben die Kretenlinie suchen, die man gerade überfährt, und diese möglichst im 90°-Winkel überqueren
Nicht bremsen, Falllinie halten
Beginnt das Fahrzeug schräg zu ziehen, immer die Falllinie anstreben; nötigenfalls eher leicht Gas geben als rbemsen
Das braucht, wie gesagt, etwas Mut und Übung, macht aber richtig Spass!
Anhalten
> Im weichen Sand zum Anhalten nur Kupplung drücken — Bremsen produziert einen Sandhaufen vor den Rädern, sodass man vorwärts ev. nicht mehr wegfahren kann.
Bergen
Allgemeine Bergetechniken sind hier ausführlich beschrieben, Bergungsmaterial hier und hier.
Grudnsätzlich gilt es zwei Arten von Bergungen zu unterscheiden:
Bergung nach einfachen Steckenbleiben mit keinem oder wenig Unfallrisiko
Bergung mit realem Unfallrisiko
Einfaches Steckenbleiben
Hier ein paar einfache Bergetechniken in Ausführungspriorität:
Wer im Sand steckenbleibt, sollte sich immer zuerst fragen, ob der Reifendruck stimmt. Das kann man gar nicht oft genug betonen. Es ist nicht aussergewöhnlich, mit 1.0 bar oder noch weniger unterwegs zu sein.
Kann ich einfach rückwärts rausfahren?
Sand vor und oder hinter den Rädern entfernen
Sandbleche unterlegen oder Fahrzeug mit Bergegurte rausziehen (*)
Schieben mit Muskelkraft ist meist verlorene Mühe, macht aber Spass und fördert die Gruppendynamik.
(*) Achtung:
Sandbleche können einem um die Ohren fliegen — Schnittverletzungen
Bergegurte können reissen; Schäkel oder Bergepunkte können brechen — dabei besteht Lebensgefahr !
Unter gar keinen Umständen zwei Bergegurte mit einem Schäkel zusammensetzen, sondern einfach verschlaufen.
Risikobergung
Besteht die Gefahr, dass das zu bergende Fahrzeug umkippt oder abrutscht, sind folgende Grundsätze zu beachten:
Personen in Sicherheit bringen
Nichts überstürzen
Fahrzeug sichern
Einen Plan A und einen Notfallplan B fassen
Den Plan unter Wahrung maximaler Sicherheit für Mensch und Material ausführen.
Dieses Video gibt eine Idee, wie ein in Schräglage geratenes Fahrzeug geborgen wird. Der Grundsatz, dass Personen von gespannten Kabeln und Gurten fernbleiben sollen, ist dabei leider nicht immer eingehalten.
Sicherheit
Für Fragen zu Risiken und Nebenwirkungen des Dünenfahrens konsultieren Sie bitte Ihren Arzt oder Fahrtrainer. Das Risiko, dass man in den Dünen das Fahrzeug einsandet muss als sehr hoch eingestuft werden, jedoch ist das Einsanden allein nicht sicherheitsrelevant und gehört einfach dazu!
Die Gefahren sind:
seitlicher Überschlag (zu viel Seitenneigung oder dynamische Kräfte bei viel Seitenneigung)
Kollision mit entgegenkommenden Fahrzeugen (kommt öfter vor als man denkt, obwohl es kaum andere Fahrzeuge hat)
Unfälle mit Bergegeräten
Die Gefahren haben verschiedenen Ursachen:
Übermüdung und mangelnde Konzentration — in den Dünen fahren ermüdet einen ziemlich schnell, da dauernd das Gelände beurteilt werden und das Fahrzeug kurvenreicht gesteuert, oft geschaltet und gebremst werden muss. Fast bei jeder Düne ist volle Konzentration gefragt.
Ungünstige Lichtverhältnisse — beides, keine Sonne sowie zu viel Sonne, speziell von Frühling bis Herbst, wenn die Sonne hoch steht und hell scheint — kann zu prekären Sichtverhältnisse führen: wegen der sanften Formen wird der Sand oft kaum Schatten, sodass man Neigungen und Distanzen kaum einschätzen kann.
Fahrfehler — Zeitdruck sowie falsches Einschätzen des Geländes, der Sandqualität, der Geschwindigkeit oder der eigenen Fähigkeiten.
Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten — vor allem im Zusammenhang mit Geräten wie Bergegurten, Sandbleche
Die Massnahmen zur Unfallprävention setzen natürlich bei den Ursachen an.