Hub-, Klapp- oder Schiebedach
Diese Seite diskutiert die verschiedenen Varianten von beweglichen Dächern und präsentiert ausgewählte, allgemein gültige Design-Prinzipien.
Begriffsdefinitionen
Einleitung
Die Hauptgründe, ein Hub-, Klapp- oder Schiebedach zu konzipieren, sind Raumerweiterung, Lüftung, Lichteinfall und Aussicht. Hub- und Klappdächer dienen oft vor allem dazu, in Aufbauten mit beschränkter Innenhöhe volle Stehhöhe zu erreichen, Schiebedächer ermöglichen den Blick in den (Nacht-) Himmel.
Alternativen zu Hub-, Klapp- oder Schiebedächern sind einfache (d.h. handelsübliche) Dachluken, Ventilatoren, zusätzliche Fenster oder zusätzliche Beleuchtung.
Alle drei Typen sind eine Öffnung in der Aufbauhülle, was deren Dichtigkeit (Wasser, Luft, Staub, Wärme) kompromittieren. Insbesondere Kältebrücken werden bei der Konzeption oft nicht in Betracht gezogen. Alle drei Typen werden in der Regel als Spezialanfertigungen realisiert und sind mit teilweise erheblicher Komplexität belastet. Alle drei Typen (ausser Hutschachtelprinzip, siehe unten) benötigen 4-8 cm Höhe über dem Festdach.
Im Folgenden werden die Eigenschaften, Varianten, die Vor- und Nachteile jedes Dachtyps diskutiert.
Hubdach
Varianten
kann als Teilfläche des Aufbaudachs realisiert werden, oder wie eine Hutschachtel funktionieren; bei der zweiten Variante können die Fenster im beweglichen oder im feststehenden Teil (oder in beiden) platziert werden
die Vertikalbewegung kann mit Spindelstangen, Teleskoprohren oder -schienen, mit Scheren oder mit Rollen/Schienen (Hutschachtelprinzip) geführt und das Dach damit festgestellt werden
die Seitenflächen des gehobenen Dachs können flexibel sein (Mückennetz, Zeltstoff, PVC-Plane, PVC transparent, Segelstoff, etc.) oder aus festen, klapp- oder einsetzbaren Seitenteilen bestehen
Vorteile
vergrössert die Innenraumhöhe überall um den gleichen Betrag
bietet potenziell 360° Rundsicht (z.B. Tiere beobachten)
ermöglicht potenziell Querlüftung in alle Richtungen
kann bei leichtem Regen auch mit wasserdurchlässigen Seitenwänden (z.B. Mückennetz) geöffnet bleiben
Nachteile
benötigt die aufwändigste und damit teuerste Konstruktion
Hebe-/Senkmechanismus benötigt Platz und erhöht das Gewicht
ist anfällig auf Verkanten beim Heben und Senken
Spindelstangen, gleitende Rohre oder Schienen sind anfällig auf Verschmutzung (Sand, Staub)
da beim Heben immer das gesamte Dach — und damit das gesamte Gewicht — gehoben wird, ist eine Hebeunterstützung (Feder, Gasdruckdämpfer, mechanischer, pneumatischer oder hydraulischer Mechanismus) notwendig
die Seitenwände bieten immer eine vertikale Windangriffsfläche
Verriegelung im gesenkten Zustand meist an vier Punkten
Einbruchrisiko bei flexiblen Seitenwänden
Klappdach
Varianten
Scharnier kann längs oder quer zur Fahrrichtung anschlagen sein
die Seitenflächen des gehobenen Dachs können flexibel sein (Mückennetz, Zeltstoff, PVC-Plane, PVC transparent, Segelstoff, oder eine Kombination davon) oder aus festen, klapp- oder einsetzbaren Seitenteilen bestehen (selten)
statt eines Scharniers kann ein Scherensystem zum Einsatz kommen (analog z.B. Klappdächer an VW Multivan)
Vorteile
einfacher, robuster und damit kostengünstiger Mechanismus mit einem Scharnier
die aufgeklappte Dachfläche kann in den Wind gestellt werden, wodurch die Windlast auf die Seitenwände erheblich reduziert wird
ermöglicht potenziell Querlüftung parallel zum Scharnier
beim Heben muss nur die Hälfte des Dachgewichts gehoben werden, wozu Gasdruckdämpfer meist genügen
kann nur teilweise geöffnet werden (z.B. unter einem Baum, bei Kälte)
Verriegelung im gesenkten Zustand meist an nur zwei Punkten
kann bei leichtem Regen auch mit wasserdurchlässigen Seitenwänden (z.B. Mückennetz) geöffnet bleiben
Nachteile
je nach Konstruktion Gefahr des Einklemmens von z.B. Ästen beim Öffnen resp. Schliessen und damit Gefahr der Beschädigung durch grosse Hebelkräfte
bietet potenziell nur gut 270° Rundsicht (z.B. Tiere beobachten)
Dichtigkeit gegen Insekten benötigt etwas Aufwand; am besten hat sich 360° umlaufende Plane oder Netz erwiesen
Scherensystem statt einfaches Scharnier ist zusätzliche Komplexität und vermindert die Robustheit
ein separater Feststellmechanismus bei Starkwind ist notwendig, wenn die Gasdruckdämpfer “in die Knie” gehen
Einbruchrisiko bei flexiblen Seitenwänden
Schiebedach
Varianten
Schieberichtung kann längs oder quer zur Fahrrichtung sein
Deckel kann (teilweise) transparent sein
Vorteile
einfacher, robuster und damit kostengünstiger Mechanismus
bietet 360° Rundsicht (z.B. Tiere beobachten) und den Blick in den (Sternen-) Himmel
nicht seitenwindanfällig
Insektendichtigkeit ist einfach zu realisieren
Nachteile
taugt eher wenig zur Vergrösserung der Innenstehhöhe
muss bereits bei leichtem Regen geschlossen werden
ermöglicht keine Querlüftung
Konstruktion
Allen drei Dachtypen ist ein Konstruktionsmerkmal gemeinsam: der Ausschnitt im Festdach muss durch einen vertikalen Steg von 2-4 cm Höhe vor Wasser geschützt werden. Dies sowohl im Standbetrieb wie auch im Fahrbetrieb. Die Dachfläche soll den Steg beidseitig umschliessen und so ein Labyrinth gegen eindringendes Wasser bilden (v.a. Fahrbetrieb). Der Steg des Festdachs wird typischerweise oben mit einer Gummidichtung versehen, die in die Nut des Hub- resp. Klappdachs passt, und so das Labyrinth verschliesst. Der Steg resp. das Labyrinthsystem sind potenzielle Kältebrücken, an denen sich bei tiefen Aussentemperaturen Kondenswasser bilden und herunter tropfen kann.
Das Labyrinth ist essentiell; nur auf die Pressung von Gummidichtungen zu vertrauen, würde auf Holperpisten garantiert zum Eindringen von Wasser führen.
Steg um den Dachausschnitt
Seitenwände aus Stoff sind leichter, günstiger und haben im gesenkten resp. eingeklappten Dachzustand einen viel geringeren Platzbedarf als fest Seitenteile. Seitenwände aus Stoff lassen einen zudem an den Klängen und Lauten der Natur teilhaben — oder am Verkehrslärm beim Strassenrandcamping. Falls Wintercamping kein oder nur ein gelegentlicher Verwendungszweck ist, dann kann eine Warmluftstandheizung den Wärmeverlust bei tiefen Aussentemperaturen ausgleichen.
Bei Hub- und Klappdächern, deren Seitenwände (teilweise) mit Insektennetz versehen sind, sollten die Dachfläche die Seitenwände seitlich 10-15 cm überragen, damit das Dach resp. die Netzflächen auch bei leichtem Regen geöffnet bleiben können. Ein Nachteil dieser Konstruktion ist aber, dass sich im geschlossenen Zustand Schmutz (Sand, Zweige, Tannenzapfen, etc.) oder Insekten unter den Vorsprüngen ansammeln oder verstecken können.
Bei allen Dachtypen (ausser vielleicht Schiebedach) hat der Wohnaufbau in der Regel nicht volle Stehhöhe und die Eingangstüre somit auch nicht. Das Bestreben, die Eingangstüre so hoch wie möglich zu machen, führt dazu, dass zwischen der Oberkante der Türöffnung und dem Festdach nur noch ein schmales Stück Festwand steht. Das kann zu Problemen führen, wenn eine Markise verbaut werden soll, denn diese braucht einen Mindestwinkel zur Horizontalen, da sonst das Wasser nicht zuverlässig abläuft und ein See entstehen kann, der die Markise beschädigt. Der Mindestwinkel ist durch die sich öffnende Türe (90° geöffnet) gegeben. Es hat sich bewährt, über der Türöffnung noch mindestens 15 cm Wand stehen zu lassen — eine Türöffnung mit lichter Höhe 140 cm reicht zum bequemen Einstieg mit Körpergrösse bis 180 cm, denn der Einstieg / Ausstieg erfolgt ja über eine Treppe, wo die Körperhaltung ohnehin nicht ganz aufrecht ist (am besten ein einfaches Modell mit Latten und Karton erstellen und ausprobieren).
Bild links: Schrägansicht der Kofferseite, Bild rechts: Aufriss in Fahrrichtung gesehen
Hinweis: Nach vielen Treffen und Gesprächen mit Reisefahrzeugbesitzern sind klare Tendenzen zu erkennen:
Besitzer von Fahrzeugen mit mechanisch- , hydraulisch- oder pneumatisch betriebenen Hubmechanismen klagen deutlich öfter über Probleme, als solche deren Dach von Hand hoch gestellt wird
Besitzer von Schuhschachtel-Hubdächern klagen über Probleme mit Verkanten, Verklemmen, Hydrauliklecks oder verbogene/verklemmte Spindelstangen oder Führungsschienen.
Besitzer von Schuhschachtel-Hubdächern klagen über Abrieb an den Seiten (zwischen dem "Deckel" und der "Wanne" haben viele Hubdächer eine Dichtung. Sand zwischen Dichtung und Wand "schmirgelt" beim Hoch- oder Runterfahren die Seitenwand)