Bergungsmaterial
Diese Auflistung von Bergematerial und ihre Handhabung bezieht sich grundsätzlich auf Reisemobile und da vor allem auf Fahrzeuge der Leicht-LKW-Klasse mit ihrem schon von Grund auf höherem Gewicht als das eines durchschnittlichen Geländewagens.
Schaufel
In vielen Fällen — und speziell im Sand — lässt sich das Fahrzeug mit der Schaufel innerhalb kurzer Zeit wieder flott kriegen. Im Sand sind leichte Universal- oder Lawinenschaufeln mit geraden, kurzem Stiel, z.B. von Fiskars, praktisch und erst noch günstig. Diese Geräte sind aber nicht für schweren oder harten Boden geeignet.
Im Dreck und Schlamm ist ein Spaten oder eine Schaufel mit langem Stiel und Bügelgriff viel praktischer und schneller als eine kurze Schaufel, weil er tiefer hinunter und unters Fahrzeug reicht.
Nur von dem "guten alten" Armeeklappspaten halten wir nicht viel: gegenüber der Universalschaufel aus Alu und Kunststoff ist er zu schwer und das Blatt ist zu klein; gegenüber dem richtigen Spaten ist der Stiel zu kurz.
Eine geeignete Schaufel gehört in jedes Geländefahrzeug!
Vorteile
günstig
ungefährlich
auch für's "Austarieren" bei unebenem Camp gut zu gebrauchen
für den "Besuch hinterm Busch" unentbehrlich
Nachteile
anstrengend
Abschleppseil
Das gute alte Abschleppseil, jeder kennts, jeder weiss damit umzugehen.
Vorteile
günstig
auch zum Festbinden usw. zu gebrauchen
leicht
klein verstaubar
Nachteile
Baumarktware taugt nicht für schwere Fahrzeuge
meisst lausige Befestigung
i.d.R. nur eine Länge erhältlich
Zu beachten!
i.d.R. nur für Abschleppaktionen auf Strassen aber nicht für Bergeaktionen im Gelände geeignet
Berge- und Hebegurten (statisch)
Deutlich robuster als das Abschleppseil und in verschiedenen Längen und Stärken erhältlich.
Für "Bergegurten" gibt es keine Norm. Die im Fachhandel verkauften Bergegurten sind eigentlich zweckentfremdete Hebegurten.
DIN geprüfte Gurte, Hebebänder und Rundschlingen verfügen über 7fache Sicherheit, haben eine Arbeitslastangabe und unterscheiden sich, je nach Arbeitslast durch ihre Farbgebung.
Vorteile
sehr robust
verschiedene Längen erhältlich
stabile Befestigung
klein verstaubar
leicht
Nachteile
gute Qualität ist nicht günstig
müssen sorgfältig gelagert werden (mechan. Schäden, Alterung durch Sonneneinstrahlung)
Zu beachten!
Bilige Bergegurte aus dem Baumarkt sind oft von bescheidener Qualität und haben unklare Lastangaben
Hebegurte sind für statische Belastung (heben) gebaut. Ruckartige Belastung (in die Bergegurte fahren) schaden den Gurten und verkürzen ihre Lebensdauer
Bergegurten sollen mindestens für das Gewicht des schwereren der beiden Fahrzeuge (Zugfahrzeug, abgeschlepptes Fahrzeug) ausgelegt sein—natürlich will man das Fahrzeug nicht damit hochheben, aber bei einem Fahrzeug, das feststeckt, bauen sich beim Bergen grosse Kräfte auf
nur Schäkel verwenden, die für mindestens denselben Wert ausgelegt sind wie die Bergegurte
reicht eine Gurte in der Länge nicht, dürfen die Gurten unter keinen Umständen mit einem Stahlschäkel verbunden werden (Lebensgefahr! — reisst eine Gurte oder einer der Befestigungsschäkel, hat man ein tödliches Projektil); Gurte nur durch Ineinanderschlaufen, oder mit Softschäkel verbinden
Bergegurten (elastisch)
In Europa sind meist die statischen Gurten gebräuchlich, während v.a. in Australien meist elastische Gurten (sogn. snatch'em straps oder snatch straps) verwendet werden. Mit diesen fährt das Bergefahrzeug mit gutem Schritttempo in die zuvor nicht gespannte Gurte. Das physikalische Prinzip heisst Impusübertragung.
Vorteile (gegenüber statischen Bergeburten)
funktioniert auch, wenn das Bergefahrzeug wenig oder kaum Traktion hat
kann helfen, wo mit statischen Gurten nicht genügend Zugkraft aufgebaut werden kann
Nachteile
die Gurten verbrauchen sich und sollten nicht mehr als ca. 10-mal verwendet werden
sehr gefährlich bei Bruch (Peitscheneffekt)
grosses Packmass
Zu beachten!
sonst wie statische Gurte
Greifzug (CH: "Habegger")
1.6 Tonnen Greifzug mit 20 Meter Stahlseil, auf einer Warn XT9000 mit 4 Tonnen Hebeleistung und 38 Meter Seil
In Reiseforen gern als das Mittel der Wahl dargestellt, aber mit einigen Tücken. Ein Werkzeug, dass für Bergezwecke "umgenutzt" werden kann. Aber immer noch besser als nichts!
Vorteile
günstig
kann in jede Richtung ziehen
kann bei Kurztripps Zuhause bleiben
auch zum Steine/Baumstämme wegräumen zu gebrauchen
Nachteile
schwer (komplett ca. 35 kg)
anstrengende und zeitaufwändige Bedienung
gross und unhandlich
braucht viel Platz beim Transport
braucht Erfahrung und Übung
mindestens 2 Personen erforderlich
braucht einen Ankerpunkt im Gelände
braucht Pflege
sollte etwas brechen oder reissen ist die Gefahr gross vom Bergeequipment getroffen zu werden.
Zu beachten!
bei Befestigung an Baum muss die Rinde vor Beschädigung geschützt werden (z.B. durch spezielle, extrabreite Befestigungsgurte)
ein vorgängiges Üben um die Handhabung und Grenzen kennen zu lernen ist nötig
Seilwinde (elektrisch oder hydraulisch)
Ein gutes Bergewerkzeug und eine beruhigende "Versicherung" für alleinreisende auf miesen Wegen. Mit Hebeleistungen bis 6 Tonnen und vielen Möglichkeiten dank Umlenkrolle. Auch gut für die Fernbergung anderer zu gebrauchen. Bei geschikter Installation kann sowohl vorwärts- wie auch rückwärts geborgen werden.
Vorteile
grosse Zugleistung
sinnvolle Seillängen >35 Meter
braucht keinen Platz im Innenraum
keine 2te Person nötig
leichte Bedienung
kann auch zur Fahrzeugsicherung oder zum "Abseilen" am Steilhang verwendet werden
auch zum Steine/Baumstämme wegräumen zu gebrauchen
Nachteile
erhebliches Gewicht (45-75 kg inkl. Anbau)
teuer (speziell, wenn statt eines Stahlkabels eine synthetisches Seil angeschafft wird)
zieht nur in eine Richtung (siehe "Zu Beachten")
braucht einen Ankerpunkt im Gelände
braucht regelmässige Pflege (alle paar Monate!)
aufwändige elektrische Installation (grosse Kabelquerschnitte)
grosser Stromverbrauch bei Volleistung (2te Batterie erforderlich)
Zu beachten!
synthetische Seile sind leichter zu handhaben, können aber leichter beschädigt werden
gewissenhafte Pflege und ein Test vor jeder Reise ist nötig
ältere billige China- Winden zeichnen sich durch ihre legendäre Unzuverlässigkeit aus
um eine Seilwinde richtig nutzen zu können, ist vorheriges Üben und sich vertraut machen unabdingbar!
vorausschauende Reisende befestigen Ösen an den Achsen um das Windenseil "in die andere Richtung" durchziehen zu können
Bemerkungen:
Ein Miesmacher würde behaupten: "Ist die Winde vorne braucht man sie hinten und umgekehrt". Aber die geraden Rahmen bei Leicht-LKW bieten eine Montage der Seilwinde im Bereich der Hinterachse des Fahrzeuges regelrecht an! Mit wenigen Umlenkpunkten kann sowohl vorwärts wie auch rükwärts gewincht werden. Zudem wird das Fahrzeug, anders als bei Frontanbau, nicht länger und es besteht keine "erhöhte Verletzungsgefahr für Fussgänger". Der Installationsaufwand für "zwischen den Rahmenrohren" ist deutlich geringer als vorne, da der Bau einer aufwändigen, fussgängerschonenden Konsole entfällt. Bei geschickter Konstruktion ist die Winde abbaubar. Sie bleibt bei Kurztripps oder strassenlastigen Reisen zuhause. Die Batterien sind nicht weit weg und es steht der Verkabelung nichts im Weg.
Mehr Informationen
Ausführlicher Windentestbericht im Mitgliederbereich.
Und natürlich hier bei der Fahrzeugbergung
Sandbleche aus Alu oder Stahl
Einsatz von Sandblechen um eine abgerutschte und mit Steinen notdürftig wieder aufgefüllte Pistenkante zu stabilisieren.
Mal schnell einen Graben überbrücken, sich aus Weichsand oder Morast befreien oder einen abgerutschten Weg sichern? Kein Grill zur Hand? Kein Baum oder Stein weit und breit um das Windenseil zu befestigen? Sandbleche sind das Mittel der Wahl. Die altehrwürdigen Luftlandebleche aus Stahl sind wegen ihres Gewichts und der Rostanfälligkeit aus der Mode gekommen. Ersetzt wurden sie durch Sandbleche aus Alu. Es gibt diverse Hersteller, nicht alle Bleche halten aber was sie versprechen.
Vorteile
einfache Handhabung
robust und unverwüstlich
können für das Fahrzeug passend gesägt werden
können für Kurztripps Zuhause bleiben
als Erdanker erheblich leichter zum Eingraben als das Reserverad
Nachteile
brauchen viel Platz beim Transport
Gefährlichkeit wird gern unterschätzt
verbiegen sich oft bei Benutzung
Zu beachten!
Gerade das Überbrücken eines Graben ist nicht mit allen Alu-Sandblechen machbar. Viele biegen sich bis zum Grabenboden durch, müssen nach der Benutzung erst wieder gerade gebogen werden und passen danach meist nicht mehr in die Halterungen! Findet man in der Umgebung nichts zum unterlegen, sind sie für diese Aufgabe so gut wie nutzlos.
Mehr Informationen
Ausführlicher Sandblechtestbericht im Mitgliederbereich.
Sandbleche aus Kunststoff, Waffleboards
Die "moderne" Variante der Luftlandebleche aber aus zähem GFK Kunststoff
Vorteile
einfache Handhabung
robust
können für das Fahrzeug passend gesägt werden
können für Kurztripps Zuhause bleiben
verbiegen sich nicht und passen nach Benutzung noch in ihre Halterung
Nachteile
neigen bei Kälte zum Splittern
brauchen viel Platz beim Transport
etwas unangenehm ist das "glasfasern" beim Hantieren, Handschuhe benutzen!
Waffleboards (GFK-Gitterroste) sind etwa doppelt so schwer wie vergleichbare Alu-Sandbleche
Zu beachten!
Waffleboards wie sie vom 4x4 Shops werbewirksam genannt werden sind eigentlich nichts anderes als Industrieware. Google nach einem Verkäufer von GFK-Gitterrosten in deiner Nähe, sie werden von verschiedenen Herstellern recht günstig angeboten. Dicken ab 38 mm, einseitig besandet, sind für unsere Fahrzeuge geeignet.
Mehr Informationen
Ausführlicher Sandblechtestbericht im Mitgliederbereich.
Jutesäcke (engl. hessian bag)
Sozusagen die "Sandbleche des armen Mannes": sehr tiefe Jutesäcke (z.b. 2-3m tief), die im Bedarfsfall mit dem Material gefüllt werden, in dem man stecken geblieben ist (Sand, Dreck). Lassen sich auch aus billiger Polyesterfolie schneidern, Plastikfolie taugt hingegen wenig.
Vorteile
einfache Handhabung
extrem günstig
extrem platzsparend
perfekt "just in case" (immer im Auto lassen)
Nachteile
müssen im Bedarfsfall zuerst gefüllt und danach wieder geleert werden
nicht sehr robust
Wheel Winch (Radantrieb-basierte Winde)
Der "andere" Ansatz (und dehalb hier erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt :-)