Trinkwasserbehandlung

Viele Krankheiten und Infektionen — und in der Tat die meisten Fälle von Krankheit auf Reisen — werden durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen.

Selbst in Mittel- und Nordeuropa ist die Trinkwasserqualität nicht immer über jeden Zweifel erhaben. Die WHO hällt fest, dass sich die Trinkwasserqualität weltweit drastisch verschlechtert. Überbevölkerung, Klimawandel, "Wohlstand", aber auch eine Agrochemiebranche die neue Absatzmärkte sucht (da in der westlichen Welt die Bestimmungen immer strenger werden, versuchen sie in der 3. Welt neue Märkte zu erschliessen) sorgen für eine stete Verschlechterung des Trinkwassers!

Wir Reisende können diesen Problemen ein Stück weit ausweichen. Einerseits sind wir mobil, andererseits können wir es uns leisten, für sauberes Trinkwasser etwas zu bezahlen. Trotzdem müssen wir uns, je nach Reiseland, mehr oder weniger mit dem Thema "sauberes Trinkwasser" beschäftigen.

Anforderungen

Grundsätzlich lohnt es sich, zwischen Trinkwasser und Brauchwasser (spülen, waschen, abwaschen) zu unterscheiden. Im Folgenden beschränken wir uns auf Trinkwasser. Dieses

a) darf keine krankmachenden oder gesundheitsschädigenden Substanzen enthalten,
b) soll geruchlos, geschmacklos und farblos sein,
c) soll nicht zu hart sein, damit Pfannen oder Wasserkessel nicht verkalken.

Krankmachende Stoffe sind vor allem Bakterien, Viren und Pilze, aber auch Gifte (z.B. Schwermetalle, Pflanzenschutzmittel, Düngerrückstände uvm.)

Sammelbecken für verunreinigtes Oberflächenwasser bei einer Bergwerksruine, nur ca. 1 Km von einer Trinkwasserquelle entfernt (Rumänien 2012)

Wilde Mülldeponie im Einzugsbereich einer Wasserfassung (Spanien 2012)

Grundsätzlich muss man in fremden Gebieten davon ausgehen, dass das Trinkwasser nicht unbehandelt geniessbar ist. Aber wie aufwändig soll die Behandlung sein und wann soll sie durchgeführt werden?

Grundregel: Den gesunden Menschenverstand walten lassen und nicht aus jeder Quelle sein Trinkwasser bunkern. Ortsansässige haben oft keine Wahl, sie müssen nehmen, was da ist. Wir Reisende haben es deutlich besser, können auch mal ein paar dutzend oder gar hunderte Kilometer weiter ziehen.

Wasser aus Oberflächengewässern, egal ob stehend oder fliessend, sollte man nicht unbehandelt als Trinkwasser nutzen! Quellen sind Brunnen immer vorzuziehen. Quellen im Einzugsbereich von ehemaligen oder bestehenden Industrieanlagen, Tierfarmen, Agrar-Monokulturen, Bergbaugebieten usw. sollten gemieden werden!  

Je schneller ein Quelle fliesst, je kühler sie ist und je mehr sie liefert, desto besser ist ihr Wasser vor Verkeimung geschützt. Krankmachende Keime können so kaum entstehen oder werden ausgeschwemmt. Das hilft allerdings nicht gegen Chemikalien, die im Einzugsbereich der Quelle in das Erdreich gelangen können.

Wir Reisende können uns auch in den weniger gut versorgten Ländern gut, jedenfalls deutlich besser als viele Einheimische, gegen eventuelle Erkrankungen schützen. Auch bei Reisen in "sichere" Länder macht es Sinn, sein Trinkwasser zu behandeln.

> Weitere infos über Trinkwasser und seine "Bewohner" hier: KLICK

> Merkblatt Sauberes Trinkwasser auf Reisen des Deutschen Auswärtigen Amts.

Technische Möglichkeiten zur Trinkwasserbehandlung

Je nach Wasserqualität, Tankgrösse, Konzept (Tank oder Kanister) und Temperatur bieten sich diverse Möglichkeiten

Kochen ist die aufwändigste Methode, verwendet wertvollen Brennstoff und tötet nur Viren und Bakterien ab. Chemische Stoffe (Gifte, Schwermetalle) werden nicht neutralisiert. Dasselbe gilt für die chemische oder biologische Behandlung. Ist das Wasser aber grundsätzlich sauber — z.B. aus einem Fluss oder Bach entnommen, der weit abseits jeder Zivilisation ist — können kochen, chemische oder biologische Behandlung trotzdem sicher zu geniessendes Trinkwasser liefern.

Chemische Behandlung mit Micropur

Ist das Wasser mal im Tank oder Kanister gebunkert, kann es mit Micropur (von Katadyn) entkeimt und haltbar gemacht werden. In "gut gedüngtem Wasser" vermehren sich Bakterien bei warmen Temperaturen rasant und schon nach wenigen Stunden können sich schleimige Schwaden oder dunkelgraue Flocken bilden. Micropur ist in Campershops und Apotheken erhältlich.

Das behandelte Wasser ist nach 30 Minuten (Micropur Forte) bis wenigen Stunden (je nach Produktvariante) keimfrei. Micropur ist in Tablettenform für kleine Mengen (wenige Liter) oder flüssig für Tanks erhältlich. Letzteres ist preislich pro Liter behandeltes Wasser viel günstiger.

Aber Micropur ist nicht in der Lage, gelöste chemische Substanzen zu neutralisieren.

UV-Tauchlampen

Wenn Mikroorganismen UV-Strahlung ausgesetzt werden, wird der Zellkern so verändert, dass eine Zellteilung unmöglich wird, was folglich die Reproduktion verhindert.

Moderne Camper-Tauchstrahler sind mit einem Vorschaltgerät ausgestattet, dass die Lampe alle 4 Stunden für 15 Minuten einschaltet. Laut Hersteller reiche dies aus um die Verkeimung zu verhindern. Die Lampe verbraucht bei Betrieb 12 Watt (1 A), ihr Tagestromverbrauch von etwa 1.5 Ah/Tag ist also gering.

Auch eine UV-Tauchlampe kann keine gelösten Chemikalien neutralisieren. Wasser in den Schläuchen, Anschlüssen oder im "Schatten" der Tauchpumpe oder anderen Einbauten wird nicht vom UV-Licht erreicht und somit nicht entkeimt. Ungeklärt ist die Frage, was mit Kunsttofftanks, Schläuchen, Tauchpumpe und Anschlüssen passiert, UV-Licht versprödet Kunststoff!

Meinung: Vergleicht man die Angaben der UV-Tauchlampenhersteller für Camper mit den Angaben von Herstellern von UV-Desinfektionsanlagen im Medizinischen, Industriellen oder Nahrungsmittelbereich, kommen massive Zweifel an der Effizienz der "Camperstrahler" auf. 

Filtrierung

Filtrierung ist die universellste Methode. Bezogen auf die oben gestellten Anforderungen a) bis c) gilt:

Da keiner der Filtertypen allein die Kriterien a) bis c) erfüllt, ist eine Kombination von Filter verschiedenen Typs notwendig. 

> Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Filtrierung.

Wichtig: Trinkwasserfilter verringern die Leistung und Lebensdauer von Wasserpumpem. Je nach Bauart und Filterfähigkeit muss eventuell eine stärkere Pumpe eingebaut werden. Bei älteren Wohnausbauten ist die Mitnahme einer Ersatzpumpe sowieso zu überlegen.

Filtertypen

Sieb- und Papierfilter

Was nicht in den Tank oder Kanister gelangt, muss nicht ausgefiltert werden. Kann man beim Kanister hineinschauen, erkennen ob und was denn da so herumschwimmt, ist unterwegs das Wasserbunkern über den Schlauch direkt in den Tank nicht zu empfehlen. Sollte man das Glück haben und unterwegs einen Wasserhahn finden, hält man den Schlauch über einen Trichter mit Siebfilter. So kann man sehen was da so rein fliesst und grober Schmutz oder Insekten und ihre Larven bleiben im Sieb.

Zudem schützt das Siebfilter auch allfällige Tauch- oder andere Wasserpumpen. Aber das gefilterte Wasser stellt nach wie vor ein Gesundheitsrisiko dar. 

Einfache Trichter mit Siebfilter sind für wenig Geld in jedem Campershop zu kaufen und gehören zur Grundausstattung jedes Reisefahrzeugs. Ihre Durchflussmenge ist genügend gross, so das ein Wasserbunkern nicht zur Geduldsarbeit wird.

Keramikfilter

Qualitätsprodukte (z.B. von Katadyn) halten zuverlässig alle für den Menschen schädlichen Bakterien und Protozoen zurück, lassen aber im Wasser gelöste Chemikalien oder Viren durch (schlechter Geruch und Geschmack bleiben meist, giftige gelöste Substanzen werden ebenfalls nicht zurückgehalten). Die Lebensdauer liegt bei bis zu 50'000 Liter.

Rechts im Bild ist ein Katydyn Haushaltfilter, auch EBF (Einbaufilter) genannt, mit eingeschraubtem Keramikfilter. Es sind Patronen mit Aktivkohle, Keramikpatronen oder kombinierte Patronen erhältlich. Das Wasser wird von aussen durch die Patrone gedrückt (Pumpe!), sodass die zurückgehaltenen Verunreinigungen mechanisch entfernt werden können.

Tipp: Keramikfilter haben neben einer technischen Lebensdauerbeschränkung auch noch eine zeitliche. Die technische Lebensdauer ist durch eine Abnutzung durch den Filtervorganr resp. durch die Reinigungen, bei denen der Belag auf dem Filter mechanisch weggeschrubbt wird, gegeben. Dabei wird die poröse keramische Filterwand stetig in ihrer Dicke reduziert. Die technische Lebendauer kann nur durch sorgfältige Reinigung verlängert werden.

Die zeitliche Lebensdauer, typischerweise vom Hersteller mit 6 Monaten angegeben, trägt dem Umstand Rechnung, dass in einem benetzten Filter, auch "Zeug" wachsen kann, also z.B. von aussen nach innen durch den Filter "infiltriert". Muss man nun das Filter nach 6 Monaten ersetzen, auch wenn man es nur selten benutzt hat? — Nein, nicht wenn man es nach dem gelegentlichen Gebrauch ausbaut, reinigt, an der Sonne vollständig austrocknen lässt (= UV-Behandlung), trocken lagert und erst vor dem nächsten Gebrauch wieder einbaut.

Achtung: der Austrockungsvorgang kann bei kombinierten Keramik-plus-Aktivkohlefiltern schon einige Tage in Anspruch nehmen.

Aktivkohlefilter

Ein einfaches System sind die Inlinefilter der Hersteller Whale, Yachticon, Katadyn und Reich. Die Filter sind mit silberimprägnierter Aktivkohle befüllt um das Keimen von Bakterien zu verhindern und entfernen im Wasser gelöste Chemikalien, Phosphate, Trübungen, Chlor, unangenehmen Geschmack und Geruch, sowie Protozoen (z.B. Giardia) und Amöben aus dem Trinkwasser.

Wie alle Aktivkohlefilter sollten auch Inlinefilter mindestens 1x Jährlich gewechselt werden. Ein Inline-Filter kostet je nach Produkt und Hersteller um die Fr. 40.-  und reicht aus, um etwa 4500 Liter Wasser zu reinigen.

Ein Aktivkohlefilter hält keine Bakterien oder Viren zurück. Er sollte mindestens mit einem "Keimtöter" (Micropur) kombiniert werden.

Mehrstufige Filteranlagen

Um alle Verunreinigungen im Trinkwasser mit Filtern zu beseitigen, müssen mehrere Filtertypen hintereinander zur Anwendung kommen, eventuell sogar kombiniert mit weiteren Reinigungsmethoden, z.B.  Siebvorfilter, UV-Tauchstrahler, Keramik- und nachgeschaltetem Aktivkohlefilter. Solche aufwändige und teure Filteranlagen werden auch für Camper angeboten. Sinn machen sie aber nur für längere Aufenthalte in Länder mit grossen Trinkwasserproblemen, Seuchengefahr oder für Menschen mit erhöhter Empfindlichkeit.

Ob sich die Investition und der apparative Aufwand lohnt, kommt auf das Einsatzgebiet an. Die erste Massnahme sollte aber immer sein, dass beim Wasserbunkern den gesunden Menschenverstand walten lässt (siehe oben).

Mindeststandard

Sinnvoll ist der Mindeststandard Siebfilter + Micropur. Wer auf langen Reisen nicht dauernd chemisch behandeltes Wasser trinken will, verwendet Siebfilter + Keramik- oder Glasfaserfliesfilter und "desinfiziert" seinen Tank zusätzlich alle paar Wochen durch einmalige Zugabe von Micropur.

Trinkwasser-Vorbehandlung oder Nachbehandlung?

Filtrierung vor Konsum

Die übliche Lösung ist, den Trinkwassertank ab einer verfügbaren Wasserquelle zu füllen, und das Wasser unmittelbar vor dem Konsum mithilfe einer Pumpe durch einen oder mehrere Filter zu pressen. Während diese Lösung – je nach verwendeten Filtern — Trinkwasser liefert, das alle Kriterien a) bis c) erfüllt, hat sie den Nachteil, dass sich im noch ungereinigten Wasser biologisch aktive Keime (Bakterien, Viren und Pilze) vermehren. Dies umso mehr, je wärmer und länger das Wasser gelagert wird. Im Lauf der Wochen oder Monate bildet sich ein schleimiger Film an den Tankwänden, der nicht nur eine häufigere Reinigung des Tanks nötig macht, sondern auch die Filter zusetzt, sodass diese häufiger gereinigt oder getauscht werden müssen. Der schleimige Film wird durch Zusetzen von z.B. Micropur Forte (flüssig) nicht verhindert; da dabei auch Chlor freigesetzt wird, können transparente Schläuche trüb werden, Armaturen und Briden können korrodieren / rosten.

Als  Pumpe kann im Prinzip jede im Camping- oder Jachtzubehörhandel angebotene Tauch- oder Inline-Pumpe verwendet werden. Der Wasserausstoss an der Zapfstelle ist eine Funktion von Pumpenleistung und Filter- resp. Leitungswiderstand.

Filtrierung vor Einlagerung

Das Wasser wird vor der Tankbefüllung gefiltert. Kann man das Wasser ab einem Hahn über einen Schlauch mit einigem Druck beziehen, kann der Filter / können die Filter direkt mit dem Druck der Wasserleitung betrieben werden. Der Durchsatz hängt dabei im Wesentlichen vom Leitungsdruck ab.

Auf Reisen muss man aber oft ohne Schlauch oder ohne brauchbaren Leitungsdruck Wasser tanken, sodass dem Filter / den Filtern eine Pumpe vorgeschaltet werden muss. Um die Pumpe selbst zu schützen, muss ein Siebfilter vorgeschaltet werden, der Sandkörner und andere Festkörper zurückbehält, die die Pumpenventile und -membranen beschädigen können.

Diese Lösung verwendet ein Katadyn-Einbaufilter und eine Flojet-Pumpe zur Filtrierung des Wassers vor der Einlagerung.