Fahrwerk

Die Schlechtwegfähigkeit oder Geländegängigkeit eines Fahrzeugs wird, neben Allradantrieb, Bodenfreiheit, Sperren und Untersetzung, durch das Fahrwerk definiert. Dabei spielen zwei Faktoren eine Rolle. Der Federweg und die Verschränkung.

Als Achsverschränkung bezeichnet man die Fähigkeit eines Fahrzeugs, in unebenem Gelände beide Achsen gegeneinander zu verdrehen. Eine grosse Achsverschränkung ermöglicht möglichst lange den ständigen Bodenkontakt aller vier Räder.

Federweg

Bei Fahrzeugen mit Starrachsen wird der maximale Federweg durch die Fahrwerkskomponenten und die Achse, bzw. dem Fahrzeugrahmen festgelegt. Die maximale Ausfederung ist dann erreicht, wenn sich das Rad vom Boden zu heben beginnt. Sie wird definiert von der Länge der Blatt- oder Spiralfedern und der maximalen Länge der Stossdämpfer, aber auch von anderen Komponenten wie z.B. Länge von Bremsleitungen, Verkabelung der ABS-Sensoren, Lenkung, Kardan usw. Die maximale Einfederung wird vom Abstand zwischen dem Fahrzeugrahmen und der Achse beschränkt. Die normale Position des Fahrzeugs (also weder ein- noch ausgefedert) liegt irgendwo dazwischen, sie wird von der Auslegung des Fahrwerks und dem Gewicht das darauf lastet definiert. Sie variiert also von Fahrzeug zu Fahrzeug.

Vorderachse eines IVECO-Daily 4x4, mit dem Freiraum zwischen Federn und Achse =maximal mögliche Einfederung

Um den Federweg merklich zu vergrössern, sind umfangreiche und aufwändige Umbaumassnahmen erforderlich! Solche Änderungen gehen IMMER zu Lasten des Fahrverhaltens auf befestigten Strassen und bei höherer Geschwindigkeit. Zudem verschieben sie den Schwerpunkt nach oben, was zu deutlich schlechterem seitwärtsgeneigtem Fahren am Hang führt. Für Reisefahrzeuge sind solche Umbauten nicht sinnvoll!

Bei PKW-Geländewagen wird gern der Abstand zwischen Rädern und Karosserie vergrössert, sogenannte Fahrwerks-Höherlegungen. Dazu wird eine dicke Metallplatte zwischen Achse und Blatt- oder Spiralfeder gelegt. Dies führt zu einer martialischen Optik und es lassen sich so grössere Rad-Reifenkombinationen verbauen. Bei Reisefahrzeugen auf T-Rex - IVECO - und SCAM-Fahrgestellen ist dies sinnlos! Einerseits werden die Fahrzeuge unnötig höher und andererseits sind bei den verschiedenen Auslegungen schon die grösstmöglichen Rad- Reifenkombinationen verbaut.

Achsverschränkung, viel hilft viel ??

Fahrwerksfedern sind progressiv, je mehr sie zusammengedrückt werden, desto stärker wird der Wiederstand. Ein Fahrzeug, das auf grösstmögliche Achsverschränkung ausgelegt ist, muss weiche Federn und lange Federwege haben. So ein Fahrwerk ist im Gelände optimal, jedoch auf Strassen schwammig zu fahren und das Bremsverhalten ist katastrophal. Reine Strassenfahrwerke hingegen sind straff, also eher hart und deshalb mit kurzen Federwegen ausgelegt.

Beachtliche Verschränkung! Diese bedingt aber ein weiches Fahrwerk und ein verwindungsfreudiger Rahmen.

Was auf einem Test- oder Fahrgelände eindrücklich ausschaut, ist im Reisealltag oft hinderlich. Strassen und Pisten, auch ins hinterletzte Tal, werden nicht für das ultra geländegängige Fahrzeug angelegt, sondern für die Versorgung der dort lebenden Bevölkerung. Beim Reisefahrzeug ist ein auf extreme Verschränkung ausgelegtes Fahrwerk hinderlich, weil ein grosser Teil jeder Reise über befestigte Strassen und Pisten führt.

Eine typische Situation auf "Offroadpisten"...

...braucht nur wenig Achsverschränkung

Geländegängige Leicht-LKW wie der Daily 4x4, SCAM oder T-Rex bieten ausreichend Verschränkung um fast alle Situationen, die man auf Reisen antrifft, zu bewältigen.

Auch für knifflige Situationen braucht es keine gigantische Verschränkung

Selbst bei dieser, durch Gewitter weggespülten Böschung

Fahrwerksoptimierung

Obwohl die Werbung anderes verspricht, und sich Hersteller von Nobel-SUVs mit technischen Mitteln zu überbieten versuchen, ist es nicht möglich, ein ideales Strassenfahrwerk mit idealer Geländegängigkeit zu vereinen. Deshalb wird es bei der Geländegängigkeit! immer Abstriche geben (kein Vollblut-Geländefahrwerk würde z.B. einen "Elchtest" bestehen). Das Serienfahrwerk ist im Gelände immer ein strassenlastiger Kompromiss! Nicht umsonst gibt es unzählige Fahrwerkskits von Fremdherstellern, um Fahrzeugen von Landrover, Toyota, Mercedes, Nissan usw. im Gelände "auf die Beine helfen".

Erschwerend beim Leicht-LKW, sie sind für ein sehr breites Gewichtsspektrum ausgelegt. Der Bremach T-Rex z.B. wurde als Kipper mit 3 Tonnen Leergewicht und bis 3 Tonnen (+100%) Zuladung konstruiert. Ein Vorteil bei der Nutzung als Reisefahrzeug ist allerdings, dass die Gewichtsdifferenz zwischen Reisebereit (voll) und leer (im Verhältnis zum Konstruktionsgewicht) nicht sehr gross ist. Dies erleichtert eine optimale Fahrwerksabstimmung.

"Fern"-Reisefahrzeuge spielen in einer speziellen Liga, sind sie doch sowohl auf langen Autobahnstrecken mit (relativ) hoher Geschwindigkeit, auf Passtrassen mit Serpentinen, Wellblechpisten oder aber auch im verworfenen Gelände in Langsamfahrt unterwegs. 

Die passenden Komponenten zu finden ist alles andere als einfach und man tut gut daran, Fahrwerksabstimmungen dem Fachmann zu überlassen. Zur Fahrwerksanpassung stehen dem Fachmann verschiedene Massnahmen zur Verfügung:

Achtung: Während die Punkte 1 bis 3 zum Standardrepertoire gehören, ist bei den Punkten 4 bis 6 höchste Vorsicht geboten, weil grosse Sicherheitsrisiken damit verbunden sind.