Alt- oder Neufahrzeug
Soll man ein Fernreisefahrzeug auf einem neuen- oder nicht doch besser auf einem älteren Fahrgestell aufbauen? Der Vorteil den alte, elektroniklose Fahrzeuge bieten, sind die einfacheren Motoren ohne komplizierte Elektronik, Abgasreinigungstechnik und überschaubarer Elektrik.
Gern wird daraus geschlossen, ältere Fahrzeuge können von jedem Buschmechaniker repariert werden. Das stimmt aber nur zum Teil, je nach Fahrzeugmarke und Typ kann sogar das Gegenteil der Fall sein! Betrachtet man sich z.B. das IVECO-BREMACH und SCAM Forum im VMV wird dies deutlich!
Der Aussage "Ältere Fahrzeuge können von jedem Dorfschmied repariert werden", stehen verzweifelte Ersatzteil- und immer mehr auch Verschleissteilsuchen von Forenteilnehmern mit Fahrzeugen, schon aus Produktion "um die Jahrtausendwende" gegenüber.
In Afrika, Asien oder Südamerika ist die Zeit nicht stehen geblieben! Heutzutage trifft man dort überwiegend "moderne" Fahrzeuge an.
Auch der begnadetste Buschmechaniker braucht Ersatzteile um ein Fahrzeug reparieren zu können. Bei alten Fahrzeugen sind diese selten- bis nicht vorhanden, bzw. längst aufgebraucht!
Fahrzeuge ohne Elektronik sind unterdessen betagt! Seit Mitte der 90igerjahre werden bei Fahrzeugmotoren elektronische Einpritzsysteme verbaut. Ältere mit Pumpe-Düse, neuere mit Common-Rail.
Wir müssen uns darüber klar sein, Lieferwagen und Leicht-LKW im gewerblichen Einsatz werden kaum länger als 4 Jahre genutzt. Danach sind sie amortisiert und werden dem Gebrauchtwagenmarkt überlassen. Kaum eine Firma wendet Zeit und Geld auf, diese Fahrzeuge zu restaurieren. Es sind regelrechte "Wegwerfartikel". Zudem sind die Modelle einem immer schnelleren Wechsel unterzogen. Die ständig strenger werdenden Abgas- und Lärmgrenzwerte sowie der Konkurrenzdruck tun ihr übriges dazu. Dies alles sorgt dafür, dass die Verfügbarkeit von Ersatzteilen bei den Herstellern, bzw. ihren Ersatzteilfirmen immer kürzer wird.
Bei Lieferwagen und Leicht-LKW geht man von höchstens 4 Jahren Betriebsdauer aus, danach gilt das Fahrzeug als amortisiert
PKW-Bewertungen bei Eurotax für ältere Fahrzeuge kann melden: Keine Bewertung, das Fahrzeug ist zu alt (also älter als 12 Baujahre)
Behörden (Feuerwehr, Militär usw.) verlangen die Garantie einer 15 jährigen Ersatzteilversorgung durch eine von der Mutterfirma getrennte und eigenständig finanzierte Firma
Diese recht kurz angenommene Lebensdauer sorgt dafür, dass für ein bloss 15 Jahre altes Fahrzeug, nicht mehr alle Ersatzteile verfügbar sind. Gerade bei Reisefahrzeugen trifft man aber Fahrzeuge, die trotz älterem-Jahrgang noch lange nicht an ihrem Lebensende angelangt sind. Bauen wir also unser Reisefahrzeug auf einem schon älteren Basisfahrzeug auf, werden wir über die Dauer dessen Nutzung mit immer schwieriger werdender Ersatz- und Verschelissteilversorgung zu kämpfen haben.
Auch kaum- oder nur selten genutzte Motoren, Getriebe und Antriebsstränge altern! Materialermüdung und daraus resultierende Brüche, leckende Dichtungen, versprödete Schläuche, unterrostete Dichtungen, "totgestandene" Lager und verhockte- oder leckende Bremszylinder sind, neben Rost an Carosserie und Rahmen, typische Probleme mit denen sich "Altfahrzeugbesitzer" herum schlagen müssen.
Das grosse Problem, die Abgasgesetze und Umweltzonen
Ein Aspekt, der im Zusammenhang mit älteren Fahrzeugen immer mehr zum Tragen kommt, sind Fahrverbote wegen Abgasbelastung. Nicht nur Städte, sondern gleich ganze Regionen können mit Fahrverboten belegt werden. Die fast schon hysterisch geführte "Diesel-Diskussion" lässt die Tendenz zu massiven Verschärfungen erkennen. Wer sein Fahrzeug auch in Europa nutzen möchte, wird mit den immer einschneidenderen Gängeleien wegen der Abgasnormen konfrontiert.
Selbst eine Heimreise von z.B. Nordafrika oder Spanien kann, bei ungünstigem Wetter, unerwartet umständlich werden. Umweltzonen Frankreich selbst Autobahnen können betroffen sein Umweltzone-Grenoble
Reparaturen unterwegs
Bild aus VMV-Forum
Besucht man in einer Ortschaft irgendwo in Afrika oder Asien die "Strasse der Mechaniker" ist man beeindruckt. Reparaturen, Wartungsarbeiten, Ölwechsel werden gleich auf der Strasse gemacht, das untergestellte Schälchen hält nur einen Teil des Altöls auf, der Rest fliesst auf die Strasse und wird mit lässigem Schuh-Schlenker mit etwas Strassendreck überdeckt. Als Werkbank dient ein alter Motorblock, als Ambos ein ausgedienter Zylinderkopf. Überall liegen Motoren, Getriebe und Achsteile herum, Ersatzteile jeglichen Ursprungs werden in einem Gewühl von Kisten und Kartons aufbewahrt. Und mitten drin steht der ölverschmierte Meister der Mechanik.
Neidlos zugegeben, sie sind bewundernswerte Meister der Improvisation!
Reparaturen am Fahrwerk, Carosserie und Anbauten
Mechaniker abseits der "Zivilisation" sind ausgesprochen ideenreich, wenn etwas repariert werden soll. Da wird mit der Flex mal schnell aus einem Stück Alteisen ein Teil geschnitten, mit einem betagten Schweisstrafo, über zigfach geflickte Kabel und mit irgend einer Elektrode angeschweisst. Dank grosszügig dimensionierter Bauweise hält es ausgezeichnet! Teile die nicht passen werden passend gemacht. Die örtlichen LKW werden über Jahre und Jahrzehnte so am Leben gehalten. Ist ein Carosserieteil nicht mehr zu retten, wird kurzerhand aus einem ähnlichen oder aus einem Stück Blech ein neues gedängelt. Beeindruckend mit welchem Improvisationstalent diese Mechaniker ans Werk gehen. Schön sind diese Lösungen meist nicht, aber sie funktionieren! Dieses Vorgehen funktioniert aber auch bei neuen Fahrzeugen.
Völlig anders schaut die Lage in Europa aus. Schaut man sich im viermalvier-Forum die verzweifelten Suchen nach Carosserieteilen oder nur schon Türdichtgummis an, kommen ernste Zweifel an der Ersatzteilpolitik der Fahrzeughersteller auf. Schon für Lieferwagen vor Baujahr 2000 sind kaum mehr Reparaturbleche erhältlich.
Reparierbarkeit von Motoren
Auch der ambitionierteste Mechaniker kann ein defektes Teil nur ersetzen, wenn er auch das passende Ersatzteil hat. Bei betagten Fahrzeugen sind Ersatzteile in Afrika, Asien oder Südamerika genau so selten wie in Europa!
Alte Motoren sind betagt und haben ein nicht in jedem Fall optimales Vorleben. Dazu haben sie im Vergleich zu modernen Motoren wenig Leistung, hohen Verbrauch und haben meist schon einiges an Misshandlungen auf dem Buckel. Da ist es gut, dass sie leichter zu reparieren sind, denn das muss man oft.
Selbst im "tiefsten Busch" sind heute mehrheitlich Fahrzeuge mit elektronischen Einspritzsystemen (ältere mit Pumpe-Düse, neuere mit Commonrail) unterwegs. Diese müssen gewartet und repariert werden.
Reparierbarkeit von Getriebe, Verteilergetriebe, Kardane und Achsen
Etwas besser schaut es bei Getrieben aus, zwar sind auch da Ersatzteile für ältere Fahrzeuge selten. Allerdings sind die üblichen Schäden oft einfach zu beheben. Gerne wird ein Getriebetyp über mehrere Generationen von Fahrzeugen und auch Modellübergreifend verwendet.
Kardane, bzw. Kreuzgelenke werden von Buschmechanikern eben mal schnell repariert, oder man baut ein ähnliches um und ein.
Bei Achsteilen und Verteilergetrieben sind von Marke zu Marke grosse Unterschiede in der Verfügbarkeit von Ersatzteilen feststellbar. Völlig unabhängig davon, ob es ein älteres Modell ist oder nicht. Tendenziell sind Landrover, Toyota und Mercedes VG und Achsteile leichter zu finden als Teile anderer Hersteller. Zum Glück aber gehören diese Bauteile nicht zu den Störanfälligsten!
Fazit: Es ist eine Legende, dass alte Fahrzeuge von jedem Buschmechaniker repariert werden können! Sein Reisefahrzeug auf einem alten Fahrgestell aufbauen hingegen ist eine Lotterie mit unsicherem Ausgang! Guterhaltene Gebrauchte aus vor-Elektronik-Zeit als Basisfahrzeug sind leider äusserst selten. Bei den als "restauriert" angebotenen Fahrzeugen wurde gern mit viel Farbe gearbeitet. Motor, Getriebe, Antriebsstrang bleiben nur zu oft unangetastet!
Wer sicher sein will nicht viel Geld in den Sand zu setzen, sollte sich einen neueren Gebrauchten, oder ein Neufahrzeug zulegen.