Beispiel 2: Dámedos

Einführung

Die hier beschriebene Anlage mit LiFeYPO4-Verbraucherakku von 100 Ah (die genaue Kapazität ist nicht entscheidend) zeichnet sich aus durch 

Die Anlage ist in einem Bremach T-Rex (Modell 2009) feldgetestet und bewährt sich seit August 2014, seit Dezember 2014 (und bis Oktober 2015) im Dauereinsatz in Australien.

Obwohl kommerziell fertig konfektionierte LiFePO4-Anlagen erhältlich sind (2. 2015), werden diese erst in kleinen Stückzahlen produziert und sind entsprechend teuer. Die hier vorgestellte Anlage ist definitiv eine "early adopter"-Anlage, soll heissen, dass die Komponenten individuell bestellt und zusammengebaut werden müssen, und ohne Lötkolben geht es nicht. Doch löten kann man lernen (z.B. Youtube-Kurs von Mastermod, 5 Teile), ebenso wie das ancrimpen von Steckern, etc. 

Bild E-2 : Steuerungs- und Anzeigeelemente

Bild E-1 : Gesamtanlage

Bild E-1 — LiFeYPO4-Akku und Elektronik eingebaut im Wohnaufbau: Platine mit den drei Leistungstransistoren und Kühlkörpern (oben links), Sicherungskasten (oben Mitte), Hauptsicherung (oben rechts), Akku mit BMS-Platinen (unten). 

Bild E-2  — Steuerungs- und Anzeigeelemente im Cockpit: der obere Drehschalter steuert den Stromverteiler («automatisch», «aus», «ein»), wobei die grüne Kontroll-LED anzeigt, wann die beiden Akkus verbunden sind. Der untere Drehschalter schaltet die Spannungsmessung (rechts davon) umzwischen Starterbatterie (S), «aus» und Versorgungsakku (V). Die beiden gelben LEDs sind Kontrolleuchten für Laden über Landstrom oder Solarpanel resp. für den Betrieb des 12-V-Boilers.

Abkürzungen

Definitionen

 Akku vs. Batterie

 Batterie-Management

 Batterie-Monitoring

Richtigerweise wird für wiederaufladbare chemische Energiespeicher der Begriff Akkumulator verwendet. Da sich der Begriff Starterbatterie eingebürgert hat, wie dieser verwendet, sonst Akku.

System zur Überwachung von Akkus und zur Einhaltung von Betriebsparametern

System zur Messung und Ausgabe von Betriebsparametern eines Akkus

Motivation

Im Wohnmobilforum hat der User sonnentau3 eine hochstromfähige Lösung vorgestellt, die sich aus kommerziell fertig konfektionierten Komponenten allein über Kabelverbindungen aufbauen lässt, ohne dass gelötet werden muss. Das ist ein wichtiger Schritt, damit auch weniger experimentierfreudige Interessenten auf LYP-Akkus umstellen können. Siehe Beispiel 1 auf der übergeordneten Seite.

Allerdings hat die "sonnentau3-Lösung" zwei Nachteile: die verwendeten Komponenten sind teuer, und es wird — aus Engineering-Sicht — eine unnötige Kaskade von zunehmend leistungsfähigeren Schaltelementen aufgebaut: 

Zusammen kosten diese Bauteile über 800 Euro inkl. MwSt (faktor.de, Februar 2015). Die hier vorgestellte Lösung verwendet lediglich 2 MOSFET-Leistungstransistoren mit je einem Kühlkörper, total ca. 20-50 Euro, je nach Kühlkörper, plus 300 Euro für die Integration mit dem Bordstromnetz des Fahrzeugs, was aber eine funktionelle Erweiterung gegenüber der "sonnentau3-Lösung" darstellt. Zudem ist hier die vorgestellte Lösung mit nur zwei statt fünf zusätzlichen, schaltenden Bauteilen weniger anfällig für Ausfälle und verlangt nie nach manueller Intervention des Benutzers, nachdem eine Überladungs- oder Tiefentladungszustand verhindert wurde. Werden häufig oder dauernd sehr hohe Ströme geladen oder entnommen, kann die "sonnentau3-Lösung" die energiesparendere Alternative sein, da die verwendeten Relais bistabil sind.

Danke

Der Autor bedankt sich ganz herzlich bei 

 Ohne diese Leute wäre die Anlage nicht in dieser Form zustande gekommen.

Übersicht

Innovationen

Die hier beschriebene Anlage löst Funktionen auf neue / andere Art oder mit anderen Bauteilen als bisher (2.2015) in den vom den Autoren verfolgten Diskussionsforen und Anleitungen dokumentiert:

Weitere Charakteristiken

Erfahrungen

Nach ersten Feldtests und nun (2.2015) im Dauereinsatz von über 2 Monaten hat sich die Anlage über Erwartung bewährt. Bei der Entnahme von 25 A über 10 Minuten ist eine Erwärmung der beiden parallel geschalteten Leistungstransistoren nicht fühlbar.

Unser Hauptverbraucher ist v.a. die Kühlbox, eine WAECO CF-35, die wir rundum mit Zusatzisolation von 2-4 cm und mit grosszügigen Luftkanälen für Zu- und Abluft ausgestattet haben. Daneben laden wir Laptops (4-5 Ah je Ladung alle 2-4 Tage), Smartphones, etc. und betreiben LED-Beleuchtung. Bei Aussentemperaturen von 25-35°C (Tag) und 15-25°C (Nacht) verbrauchen wir 12-18 Ah, was uns eine Autonomie von bis zu 6 Tagen gibt, bevor wir wieder Fahren müssen, um den LYP-Akku zu laden. Würde die Stromreserve einmal knapp, reicht es, den Motor 25 Minuten laufen zu lassen, um einen Tagesverbrauch nachzuspeisen.

Solarstrom ist zwar geplant, aber aktuell sehen wir dafür keinen Bedarf. 

Über den Betrieb mit Standheizung (Eberspächer) können wir noch keine Langzeitaussagen machen.

Die Anlage im Detail

Komponenten

Siehe die Komponenten-Übersicht zu Eigenschaften, Herstellern und Vertrieb der Produkte.

Bild D-1 : Akku-Block mit Rahmen, CellLog

Bild D-2 : BMS, CellLog, Verkabelung

Bild D-3 : Ladegerät 230 V, Inverter, Steuerschalter

Bild D-4 : Ladestromverteiler

Bild D-5 : Hauptschalter

Bild D-6 : Hauptschalter, Ladestromverteiler

Bild D-1 — Akku-Block in seinem Rahmen mit LiPro1-1-BMS-Platinen und Verkabelung und dem Junis CellLog zur Messung der Zellspannungen. Der Akku wiegt inkl. Rahmen 15.7 kg und hat 100 Ah Kapazität.

Bild D-2 — Verkabelung auf dem LYP-Akku; in die Minus-Leitungen der LiPro1-1-Balancer sind Stecker eingecrimpt, die ein Abschalten der Balancer ermöglichen. Dies ist vor allem wichtig, wenn er Akku an das Bordnetz an- und abgeklemmt wird.

Bild D-3 — Netzladegerät (230 V zu 14.4 V), Inverter (12 V zu 230 V) sowie Kontrollschalter für den Boiler und für das Laden für die Führerkabine (in der Sitzkonsole).

Bild D-4 — Ladestromverteiler (grau und grösstenteils verdeckt, IP67).

Bild D-5 — Hauptschalter neben dem Führersitz.

Bild D-6 — Hauptschalter von unten mit Verkabelung zwischen Wohnaufbau und Führerkabine; Ladestromverteiler.

Voraussetzungen

Damit die beschriebene Anlage überhaupt funktionieren kann, muss die Fahrzeugelektrik gewisse Bedingungen erfüllen:

Aufbau

Die Anlage lässt sich in vier Gruppen von Bauteilen gliedern:

Bild D-7 : Schaltschema inkl. einiger Verbraucher

Die blaue eingekreisten Nummern im Diagramm sind im Folgenden als z.B. (1) referenziert.

Das Bordnetz des Fahrzeugs (blau) und das Verbrauchernetz sind über einen elektronischen Ladestromverteiler (2) gekoppelt, dessen Funktionsmodus manuell bestimmt wird (3) und (4). Die LED (5) zeigt an, wann die beiden Netze verbunden sind; sie kann nicht direkt an 5 V angeschlossen werden und benötigt deshalb einen Vorwiderstand.

Überspannungsschutz und Unterspannungsschutz werden je durch einen Leistungstransistor (= elektron. Schalter, (7) und (9)) sichergestellt.

Funktionsweise der Anlage

Dieses Kapitel beschreibt im Detail die verschiedenen Funktionen der Anlage und deren Verhalten. Die zentralen — weil steuernden — Komponenten hier sind der Ladestromverteiler (2) und das BMS (13), das bereits im Bild D-2 gezeigt ist und aus den vier LiPro1-1-Platinen besteht. Die Zellspannungen und die Akku-Gesamtspannung können laufend am Junsi CellLog (14) abgelesen werden; Ladeströme, Gesamtspannung, entnommene Energiemengen (Ah), Ladezustand in %, etc. können laufend am Victron Batteriemonitor (15) abgelesen werden.

Laden — Normalfall

Im Normalfall wird der LYP-Akku über den Fahrzeug-Generator via den Ladestromverteiler geladen. Dazu wir der Ladestromverteiler (2) im Modus «automatisch», «ein» (= durchschalten) oder «aus» betrieben. 

Der Generator des Bremach T-Rex liefert max. 140 A, wovon zeitweise ein guter Teil für das Fahrzeug selbst verbraucht wird (Motorelektronik, Dieselpumpe, ABS, Licht, etc.). Kurz nach dem Motorstart liefert der Generator 12.2 bis 12.4 V, später 13.8 bis 14.4 V — der Wert hängt i.W. von der Temperatur des Generators selbst ab: bei Temperaturen bis ca. 10°C liefert er 14.4 V, darüber weniger, jedoch immer mindestens 13.8 V (nach dem Starten des Motors erwärmt sich auf der Generator innert ein paar Minuten).

Als Maximalspannung nach vollständigem Laden habe ich direkt am LYP-Akku 14.31 V gemessen. Dadurch werden die Zellen auf je ca. 3.57 V geladen, was praktisch 100 % entspricht. Der Wert 14.3 V wird aber meistens nicht erreicht, denn bei Aussentemperaturen über 20°C liefert der Fahrzeuggenerator nicht mehr als 14.2 V brutto, was den LFP-Akku auf ca. 14.05 V bringt. Aber auch dieser Wert ist ca. 99% einer Vollladung, denn die Ladespannungskurve ist nicht linear sondern steigt am Ende rasch an (dabei ist der Ladestrom nur noch gering (< 1 A), und es wird wenig Energie übertragen).

Der Ladestrom wird wegen der Balancerfunktion der LiPro1-1 nie auf 0 A sinken, da diese ab Erreichen der Zellspannung von 3.6 V auf "balancieren" umschalten und bis zu 1 A Strom "um die Zelle herumleiten".

Der LYP-Akku kann auch über ein 230-V-Ladegerät oder einen Solar-Laderegler geladen werden. Die Ladeschlussspannung wird dazu je auf 14.4 V eingestellt, der Ladeschlussstrom auf 0.5 A (siehe die Bemerkung zum LiPro1-1 oben) und die Bemerkungen in der Komponentendokumentation.

Alle Ladeströme laufen auf ihrem Weg zum LYP-Akku durch den Shunt (15) des Batteriemonitors. Ein Shunt ist ein geeichter ohmscher Widerstand mit kleinem Widerstandswert und verkraftet hohe Ströme. Mit einer Spannungsmessung über dem Shunt kann der fliessende Strom genau ermittelt werden, weil der Widerstandswert ja genau bekannt ist. Der Batteriemonitor summiert diesen Strom als Zeitreihe auf und ermittelt so die Bilanz der geflossenen Ladungsmengen (Zufluss und Abfluss) und ist damit in der Lage, den Ladezustand des Akkus anzugeben.

Als Basis für den Ladezustand dient eine Definition von "voll geladen", z.B. die Spannung über dem LYP-Akku beträgt während mind. 5 Minuten 14.0 V bei einem Ladestrom von weniger als 1.5 A. Der hier verwendete Victron-Batteriemonitor tut genau dies und kalibriert sich so bei jedem vollständigen Laden erneut z.B. auf 100%.

Laden — Überspannung

Sollten die Zellen des LYP-Akkus schlecht balanciert sein, sodass bei der vom Fahrzeuggenerator bereitgestellten Ladespannung einzelne LYP-Zellen bereits die Schwellenspannung von 3.9 V erreichen während der Ladestrom noch grösser als 1 A ist, wird der LiPro1-1, der auf der entsprechenden Zelle sitzt, den Überspannungsschutz aktivieren (d.h. den OVP-Optokoppler abschalten), wodurch die Überspannungsschleife unterbrochen wird. Dadurch wird der Leistungstransistor (7) im Sektor «grün» (siehe Diagramm D-7) öffnen, was die Minusleitung des Stromverteilers unterbricht, worauf dieser die Verbindung zur Pluspol der Starterbatterie löst, sodass der Ladevorgang unterbrochen wird. Ebenso unterbricht der Leistungstransistor bei drohender Überladung die Ladeleitungen des 230-V-Ladegeräts und des Solar-Ladereglers. Alle Ladevorgänge werden automatisch wieder aufgenommen, sobald die Spannungen aller LYP-Zellen wieder in den erlaubten Bereich zurückgekehrt sind (siehe dazu die Spezifikation der LiPro1-1).

Entnahme — Normalfall

Im Normalfall sind alle LYP-Zellspannungen über 2.8 V und die Überwachungsschleife zum Unterspannungschutz ist geschlossen. Der Leistungstransistor (9) im Sektor «rot» (siehe Diagramm D-7) ist geschlossen und alle angeschlossenen Verbraucher sind mit dem Minuspol des LYP-Akkus verbunden.

Entnahme — Unterspannung

Sobald eine LYP-Zelle unter 2.8 V sinkt (siehe die genaue Spezifikation der LiPro1-1) wir die Überwachungsschleife zum Unterspannungschutz geöffnet, indem der entsprechende Optokoppler öffnet. Als Kosequenz trennt Leistungstransistor (7) alle Lasten vom Minuspol des LYP-Akkus. Dieser Zustand wird automatisch aufgehoben, sobald alle Zellspannungen sich wieder im zulässigen Bereich befinden.

Gewisse Verbraucher wie z.B. Kühlboxen führen selbst eine laufende Überwachung ihrer Versorgungsspannung durch und schalten sich bei Unterschreiten einer — je nach Modell konfigurierbaren — Minimalspannung aus. Diese Minimalspannung sollte höher als 11.2 V (= 4 x 2.8 V) eingestellt werden, wenn sie der Zwangsabschaltung durch die LiPro1-1 zuvorkommen soll, sonst sitzt man plötzlich im Dunkeln. Bei schlecht balancierten LYP-Zellen kann der Unterspanungsschutz bereits über 11.2 V aktiv werden.

Abschalten aller Lade- und Entnahmevorgänge

Durch den zweipoligen Philippi-Trennschalter, der im Diagramm als einzelne Schalter (1) und (12) gezeigt ist, können mit einem Griff alle Verbraucher auf Fahrzeugseite und Aufbauseite stillgelegt werden. Einzig die vier LiPro1-1 auf den Zellen des LYP-Akkus sowie der Victron-Batteriemonitor verbrauchen weiterhin Strom von wenigen Milliampère. Wird das Fahrzeug für lange Zeit nicht gebraucht (z.B. 6 oder 12 Monate), so können die Crimpstecker der LiPro-1-1 gezogen werden (siehe die Komponentenbeschreibung). Der LYP-Akku selbst hat eine sehr geringe Entladerate, sodass er Jahre gelagert werden kann, wenn keine Verbraucher angeschlossen sind. Die Starterbatterie (Blei-Säure) muss allerdings regelmässig nachgeladen werden.

Ausfall der Starterbatterie

Ist die Starterbatterie physisch defekt (z.B. durch gebrochenen Kontakt in der Batterie oder durch eine kurzgeschlossene Zelle), muss die Starterbatterie ganz abgeklemmt werden. Dann muss das Pluskabel von der Starterbatterie manuell (d.h. mit dem Schraubenschlüssel) mit dem Pluspol des LYP-Akkus zusammengeschlossen werden, sodass der LYP-Akku an die Stelle der Starterbatterie tritt. Dabei wird der Ladestromverteiler "überbrückt", d.h. er hat keine Funktion mehr inne, auch nicht die der Ladebegrenzung des LYP-Akkus. Letzteres sollte bei ausbalancierten Zellen des LYP-Akkus kein Problem darstellen, muss aber vom Benutzer überwacht und garantiert werden. Nötigenfalls, d.h. falls eine LYP-Zelle 3.9 V erreicht, muss der Motor — und damit der Generator — abgestellt werden, um ein weiteres Laden zu verhindern. Auf keinen Fall darf nun im laufenden Betrieb der LYP-Akku vom Bordnetz getrennt werden, weil sonst die Bordspannung in unzulässige Höhen schiesst.

Ladecharakteristik

Der LYP-Akku wird primär über den Fahrzeuggenerator geladen. Die folgende Graphik D-8 zeigt die Ladecharakteristik für den 100-Ah-Akku über den LEAB-Ladestromverteiler. Der Ladezustand (SOC, state of charge) ist errechnet aus der Akkukapazität (100 Ah) und der vom Victron-Batteriemonitor errechneten Entnahme in Ah. Zu Beginn der Messung waren rechnerisch noch 9 Ah im Akku, nach 140 Minuten war er voll geladen. Der max. Ladestrom, nicht überraschend zu Beginn, betrug 85 A. Die Ablesungen wurden im Stand bei laufenden Motor vorgenommen, weil der Ladestrom im Fahrbetrieb nicht abgelesen werden kann; geladen wurde aber im Wesentlichen in der Fahrt.

Bild D-8 : Eine Ladesequenz mit dem Fahrzeuggenerator des Bremach T-Rex

Technische Realiserung

Ansteuerung der Leistungstransistoren

Die verwendeten Transistoren sind in MOSFET-Technologie gefertigt und haben folgende Eigenschaften (Typ IRFB3004PBF):

Sie kosten pro Stück ca. 6 EUR (5.2014).

MOSFET-Transistoren sind spannungsgesteuert und nicht wie konventionelle Transistoren stromgesteuert. D.h. dass bei einem MOSFET-Transistor nur beim Schalten ein Strom fliesst — und dadurch ein Stromverbrauch entsteht — jedoch wird kein Strom mehr gebraucht, um den "Schalter" geschlossen zu halten. Vereinfacht kann man sich einen MOSFET-Transistor als kleinen Kondensator vorstellen, der beim Einschalten geladen  und beim Ausschalten entladen wird. Die verwendeten MOSFET-Transistorren haben drei Anschlüsse: der zu schaltende Strom fliesst von Source (S, "+") zu Drain (D, "–") und wird über das eine positive Spannung am Gate (G) geschaltet, in dieser Schaltung von +12 V (resp. 14.4 V oder sogar noch etwas mehr). MOSFET-Transistoren verursachen nur einen sehr kleinen Spannungsabfall.

Bild T-1 : Transistor-Ansteuerung

Der Gate-Strom, der beim Einschalten fliesst, wird über einen Vorwiderstand von 300 Ω auf unter 50 mA beschränkt (14.4 V / 300 Ω = 0.48 mA), sodass die Optokoppler der LiPro1-1 nicht thermisch überlastet werden (max. 50 mA); einen Sicherheitszuschlag braucht man aber nicht einzubauen, da dieser Strom höchstens einige Millisekunden lang fliesst.

Fällt die Gate-Spannung weg ("ausschalten"), muss sich der gedanklich als Modell für den MOSFET-Transistor gewählte Kondensator entladen, damit die Gate-Spannung fällt, sonst wird der Source-Drain-Strom nicht unterbrochen. Dies leistet der 10-kΩ-Widerstand. Da dieser im Schaltzustand permanent mit z.B. 13.3 V (= Ruhespannung des Akkus) versorgt wird, verursacht er einen konstanten Stromverbrauch von 0.13 mA. Je grösser der Widerstand gewählt wird, desto langsamer wird der Transistor bei Wegfall der Gate-Spannung von seinem extrem kleinen Source-Drain-Innenwiderstand zu Sperren (= unendlich grosser Widerstand) übergehen — und dabei mehr Wärme produzieren.

Bild T-2 : Die Platine mit drei Transistoren, Ansteuerung und Kühlblechen im Testbetrieb

Die linken zwei Transistoren sind parallel geschaltet und teilen sich die Last.

Die gezeigte Platine beherbergt drei identische, elektrisch getrennte Schaltungen, die je aus einem Leistungstransistor mit Kühlblech, zwei Widerständen und Stromversorgungsanschlüssen bestehen. Jede Schaltung ist auf 40 A ausgelegt, die Kühlbleche (Distrelec) haben einen Wärmewiderstand von 20 K/W (siehe weiter unten). Für die hier beschriebene Anlage werden nur zwei der Transistor-Schaltungen benötigt, die dritte ist als Reserve konzipiert, falls doch einmal einer der Transistoren defekt wird.

Der Innenwiderstand der verwendeten MOSFET-Transistoren steigt mit zunehmendem Source-Drain-Strom von 1.4 auf 1.75 mΩ. Dies ermöglicht die Parallelschaltung von mehreren Transistoren dieses Typs bei automatischer Lastverteilung: Transitoren mit weniger Last haben einen geringeren Innenwiderstand und ziehen damit automatisch Last von höher belasteten Transistoren auf sich, bis die Lasten gleichmässig verteilt sind.

Bei der Anordnung der Bauteile auf der Platine ist auf möglichst kurze Weg der Stromführung zu achten, weil Printplatinen nur sehr dünne Leiterbahnen (z.B. 0.13 mm) haben und nicht grosse Ströme leiten können. Deshalb müssen die Zuleitung zum Source-Pin und die Wegleitung von Drain-Pin mit Lötzinn oder gar Draht verstärkt werden. Ebenso ist bei der Einleitung der Ströme in die Platine darauf zu achten, dass nicht einzelne dünne Pins hoch belastet werden. Die gezeigte Schaltung verwendet 6-beinige Stromversorgungsanschlüsse (Distrelec), die untereinander auf der Leiterbahnseite mit Lötzinn verbunden sind. Schliesslich sollte die Platine vor Einbau mit einem Schutzlack besprüht werden, um zukünftige Korrosion zu vermeiden.

Kühlung der Transistoren

Leistungstransistoren werden — auch bei sensationell kleinem Innenwiderstand von max. 1.75 mΩ — heiss. Bei angenommenem Schaltstrom 100 A (entspricht ca. 1300 W) und Innenwiderstand 1.6 mΩ fallen an der Schaltstelle von höchstens ein paar Quadratmillimetern P = I2 * R = 16 W ab. Diese Leistung muss über das Transistorgehäuse abgeleitet werden, sodass die Temperatur an der Schaltstelle unter 175°C bleibt. Leider lässt sich die Schaltstellentemperatur nicht direkt messen, aber zur Verlängerung der Lebensdauer des Transistors, sollte sie unter 130°C bleiben. Ein Kühlblech ist für den angenommenen Schaltstrom und die höchste anzunehmende Umgebungstemperatur entsprechend zu dimensionieren; die Kontaktfläche zwischen Kühlblech und Transistor muss mit Wärmeleitpaste oder -folie wärmeleitend gemacht werden (siehe dazu z.B. das Skript «Leistungs-FETs und IGBTs» der ZHAW, S. 31).

Dimensionierung des Kühlblechs (der Operator ":=" bezeichnet die vom Autor getroffene Wahl): 

Verlustleistung im Transistor:

PV = Imax2 * Ri = (40 A)2 * 1.5 mΩ = 2.4 W

Mindestkühlleistung des Kühlblechs:

RKmin ≤ (TJ - TA) / PV – 0.9 K/W = (125 – 35) / 2.4 – 0.9 ≤ 36.6 K/W  (kleinerer Wert = bessere Kühlleistung)

0.9 K/W ist die Summe der therm. Widerstände von der Schaltstelle zum Gehäuse und vom Gehäuse zum Kühlblech.

Hochstromverbraucher

Soll z.B. ein 230-V-Haarfön mit 1200 W an den LYP-Akku angeschlossen werden, resultiert dies inkl. Wandlungsverluste (z.B 10%) in einer Entnahme am Akku von 1500 W * 1.1 / 13.3 V = 100 A. Obwohl der MOSFET-Transistor (7) für LVP  100 A vertragen kann, muss bereits ein ziemlich potenter und teurer Kühlkörper montiert werden. In diesem Fall ist zu überlegen, ob nicht zwei MOSFET-Transistoren parallel (mit entsprechenden Widerständen gemäss Schema, oben) für die LVP-Schaltung zum Einsatz kommen sollen. Da der Strom quadriert in die Verlustleistung im Transistor eingeht, erfordert eine Halbierung des Stroms pro Transistor nur noch einen Viertel der Kühlleistung pro Kühlkörper (dafür sind zwei Transistoren und zwei Kühlkörper notwendig).

Spezielle Verbraucher

Im Bild D-7 ist als Beispiel die Beschaltung für den Boiler gezeigt. Dieser hat einen Hauptschalter im Cockpit und einen Thermoschalter am Tank  (11).  Eine LED im Cockpit zeigt, wann der Boiler am Heizen ist verbraucht; ; sie kann nicht direkt an 12 V angeschlossen werden und benötigt deshalb einen Vorwiderstand.

Schalten von Induktivitäten

Induktivitäten (Spulen in Relais, Transformatoren, Ladegeräten, 230-V-Invertern, Elektromotoren, etc.) sind Energiespeicher und können potenziell Schalter und Transistoren zerstören. Das muss z.B. mit sogn. Freilaufdioden verhindert werden. Siehe dazu z.B. Ein- und Ausschalten von Induktivitäten oder Freilauf-Dioden für Schalter induktiver Lasten wie Elektromotoren und Relais.

Eine elektr. Induktivität im Stromkreis (Bild T-4, a)  verhält sich analog zu einer schweren Turbine in einem Wasserrohr: wird der Wasserstrom erhöht (Pumpe), wehrt sich die Turbine dagegen, weil sie eine lange Anlaufzeit hat, um auf Touren zu kommen und Rotationsenergie aufzunehmen. Einmal auf Touren, stellt sie dem Wasserstrom nur noch ihren Reibungswiderstand entgegen. Wir die Pumpe plötzlich abgestellt, will die Turbine weiterdrehen und fördert durch ihre gespeicherte Rotationsenergie weiterhin Wasser. Wird das Wasser hinter der Turbine gleichzeitig mit dem Stoppen der Pumpe gestaut, entsteht an der Staustelle ein hoher Druck. 

Schaltet man den Strom durch eine Induktivität ab, will die Induktivität den Stromfluss weiter aufrechterhalten (Bild T-4, b). Da der Stromfluss unterbrochen ist (Schalter), entsteht eine hohe Spannung, d.h. eine Spannungsspitze von bis zu mehreren 100 V. Wird der Strom über einen mechanischen Schalter unterbrochen, kann es dort zu einem Lichtbogen kommen, der die Schaltkontakte erodiert, sodass der Schalter sofort oder im Lauf der Zeit einen Schaden erleidet. Transistoren, als sperrende Schalter eingesetzt, mögen diese Spannungsspitzen auch nicht, denn diese können zu einem Durchbruch führen und den Transistor zerstören (siehe dazu z.B. «Grundlagen der Relaistechnik», S. 5)

Um bei der Turbine im Wasserstrom einen zu hohen Druck zu verhindern, wird ein Rückflussrohr mit Rückschlagventil eingebaut, sodass das Wasser von hinter der Turbine wieder vorne in die Turbine eingespiesen wird. Analog baut man eine Diode antiparallel zur Induktivität ein (Bild T-4 c), sodass der Strom nach dem Abschalten durch den Transistor von hinter der Spule wieder vorne in die Spule eingespiesen wird (Bild T-4 d). Die Diode wird Freilaufdiode genannt. So können Stromspitzen auf den Schalter (= Transistor) verhindert werden. Als Beispiel siehe (10) im Bild D-7; diese Freilaufdiode ist ein "catch all" für alle Verbraucher, der am Sicherungskasten angebracht ist. Idealerweise wird pro induktiven Verbraucher eine eigene Freilaufdiode möglichst nahe an diesem Verbraucher installiert.

Bild T-4 : Induktivität (Motor) im Stromkreis ohne und mit Freilaufdiode

Grundsätzlich könnte man die Freilaufdiode auch antiparallel zum Schalter anbringen, aber das wird als Symptombekämpfung angesehen («Grundlagen der Relaistechnik», S. 8). Zudem würden andere Verbraucher, die parallel zur Induktivität geschaltet sind, gleichwohl vom Spannungsimpuls getroffen.

Dimensonierung von Freilaufdioden

Da die Induktivität den Strom, der durch sie fliesst, aufrechterhalten will, muss maximal dieser Strom durch die Freilaufdiode geleitet werden. Da die Induktivität auch einen ohmschen Widerstand hat, wird der Strom im Lauf der Zeit (wenige Millisekunden) zu Wärme umgewandelt. Weil der von einer Induktivität ausgelöste Strompuls nicht lange anhält, muss die Freilaufdiode keine Dauerlast aushalten und kann deshalb "klein" dimensioniert sein. Für Relais und andere Kleinverbraucher im Bereich von 500 mA (Relais) bis 5 A (Motörchen) wird als Freilaufdiode oft eine Diode vom Typ 1N4007 verwendet (kostet wenige Euro-Cent; einfach im Internet danach suchen). Für grössere Elektromotoren, Pumpen, Kompressoren (Kühlboxen), Ventillatoren (Standheizungen) werden leistungsfähigere Dioden benötigt, z.B. SR804 (Datenblatt). 

Dimensionierung und Kalibrierung

Technische Limitierungen

Weitere Informationen

LiFeYPO4 als Starterbatterie

Der Autor hat mit einem Winston 40 Ah LiFeYPO4-Akku (4 Zellen) zum Starten des Motors (IVECO Daily Common Rail 3.0 Liter Euro4, 2009) experimentiert. Obwohl die Zellen kurzfristig bis 20 C (= 800 A) hergeben können sollen, konnte der Motor auch mit voll geladenem Akku bei Temperaturen um 4°C (Luft, Motor, Akku) nicht gestartet werden. Der dabei gemessene Spitzenstrom war 342 A.

Achtung

LFP-Batteriezellen haben zwar "nur" eine Spannung von gut 3 V, speichern aber enorm viel Energie. Kurzschlüsse oder unterdimensionierte Kabel können Brände und Verletzungen verursachen. Grosser Respekt beim Umgang mit jeglicher Art von Autobatterien und LFP-Akkus ist geboten. Die Autoren dieser Website übernehmen keine Haftung für Fehler oder Unzulänglichkeiten in dieser Beschreibung, oder für Unfälle und Schäden, die sich beim Nachbau der hier beschriebenen Anlage ereignen.

Speziell die verwendeten LiPro1-1-Komponenten sind sehr anfällig auf Überspannung, wie sie beim Anschliessen von Zuleitungen zum LFP-Akku leicht vorkommen können, wenn angeschlossene Lasten plötzlich "Strom ziehen". Sie die Bemerkung unter Komponentenbeschreibungen.

Der oben beschriebene Trennschalter, der die Starterbatterie vom Fahrzeugchassis abtrennt, darf auf gar keinen Fall bei laufendem Motor betätigt werden, da sonst Spannungsspitzen von mehreren hundert Volt auf die Bordelektronik treffen können.